Hartz-Reformen - Einschränkungen der Frühverrentung sinnvoll

Forschung

Die Bundesregierung versucht durch die Hartz-Gesetze, die wachsende Arbeitslosigkeit in Deutschland zu verringern. Der Erfolg dieser Maßnahmen, von denen ein Teil noch nicht in Kraft getreten ist, muss abgewartet werden. Aktuelle Untersuchungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim zeigen, dass insbesondere von der beschlossenen Verschärfung der Regelungen zur Frühverrentung älterer Arbeitnehmer ein spürbarer Rückgang der Arbeitslosigkeit zu erwarten ist.

Die ZEW-Studie, die die Veränderung der Arbeitslosigkeit in Westdeutschland über die vergangenen 25 Jahre untersucht, basiert auf repräsentativen Datensätzen mit mehreren hunderttausend Beobachtungen. Die Auswertung der Datenbestände zeigt, dass sich in Westdeutschland die Dauer der Arbeitslosigkeit bei den jüngeren Arbeitnehmern in den vergangenen Jahrzehnten eher verkürzt hat. Bei den älteren Arbeitnehmern (über 55-Jährige) hingegen ist die Dauer der Arbeitslosigkeit stark gestiegen; auch die Arbeitslosenquote hat hier stark zugenommen. Eine wesentliche Ursache hierfür ist, dass viele ältere Arbeitslose ein Frühverrentungsprogramm ihres Unternehmens in Anspruch genommen haben. Durch die Regelungen zur Frühverrentung, die in den 1980er Jahren eingeführt wurden, fallen viele langfristige sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse weg, und bisherige Beitragszahler werden zu Arbeitslosen. Dies führt zu starken Belastungen der Arbeitslosenversicherung, Kranken- und Rentenversicherung und damit wiederum zu hohen Lohnnebenkosten.

Die Sanktionen, die im Rahmen der Hartz-Gesetze in Kraft treten, dürften in der Regel vor allem jüngere Arbeitslose treffen, und das, obwohl die Arbeitslosigkeit in der Gruppe der über 55-Jährigen insbesondere aufgrund der Frühverrentung in der Vergangenheit besonders stark zugenommen hat. Die Bundesregierung ist gut beraten, die Frühverrentung älterer Arbeitnehmer einzuschränken und deren Zufluss in Arbeitslosigkeit zu verringern.

Einschränkungen der Frühverrentung zeitigen sichtbare Erfolge, wie ein Blick nach Finnland zeigt. Dort wurde 1997 die Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld für ältere Arbeitnehmer verkürzt. Diese Reform, so ein Ergebnis der Untersuchungen des ZEW, hat das Risiko und die Dauer der Arbeitslosigkeit bei den betroffenen älteren Arbeitnehmern erheblich gesenkt und die Arbeitslosenversicherung entlastet.

Was lässt sich aus den finnischen Erfahrungen lernen? In Deutschland haben Arbeitslose derzeit neben der langen maximalen Anspruchsdauer auf Arbeitslosengeld auch die Möglichkeit, nach § 428 Sozialgesetzbuch III ab dem Alter von 59 Jahren erleichterten Bezug von Arbeitslosengeld bis zum Renteneintritt zu erhalten, wenn sie zustimmen, nicht mehr nach einer Beschäftigung zu suchen. Ab Anfang 2006 wird § 428 SGB III weitgehend außer Kraft gesetzt. Ebenso wird durch die Hartz-Gesetze der Anspruch auf Arbeitslosengeld der über 55-Jährigen von maximal 32 Monaten auf maximal 18 Monate gekürzt. Die Ergebnisse aus Finnland lassen vermuten, dass diese Änderungen den Zufluss älterer Arbeitnehmer in die Arbeitslosigkeit spürbar drosseln und eine Entlastung der Arbeitslosenversicherung zur Folge haben werden. Allerdings wird diese Entlastung nicht sofort erfolgen. Sie wird sich vielmehr über mehrere Jahre hinziehen, da vor 2006 frühverrentete Arbeitnehmer ihre Leistungsansprüche nicht rückwirkend verlieren. Diese Gruppe von Arbeitslosen wird also noch bis etwa zum Jahr 2012, wenn sie das Alter von 65 Jahren erreicht haben wird, Leistungen der Bundesagentur für Arbeit beziehen.

Ansprechpartner

Dr. Ralf Wilke, Telefon: 0621/1235-131, E-Mail: wilke@zew.de