Unternehmensneugründungsgeschehen in Österreich bis 2000

Unternehmensneugründungsgeschehen in Österreich bis 2000

FragestellungenDurch die regelmäßige Berichterstattung zum Themenkomplex "Neugründungsgeschehen in Österreich" werden den wirtschaftspolitischen Entscheidungsträgern systematische und aktualisierte Informationen zum Thema zur Verfügung gestellt. Diese erlauben durch Vergleiche mit den Referenzräumen Westdeutschland und Bayern auch eine Einordnung der Befunde für Österreich.Mit diesem Projekt von ZEW und Joanneum Research, Wien wird die Berichterstattung zum Unternehmensneugründungsgeschehen auch auf die Jahre 1999 und 2000 ausgedehnt. Auf der Basis der Unternehmensdaten des ZEW-Gründungspanels Österreich und des Gründungspanels für Westdeutschland werden folgende Themenbereich systematisch analysiert:

  • Zeitliche Entwicklung der Gründungen
  • Sektoranalyse der Gründungen
  • Beitrag der Gründungen zum Strukturwandel
  • Regionale Gründungsmuster und Gründungsniveaus (Intensitäten)
  • Schwerpunktthema: Gründungen in der Informations- und Kommunikationstechnologie.

Bei allen genannten Fragestellungen wird neben der Unterscheidung in traditionelle Sektoren und unterschiedliche Branchengruppen ein besonderes Augenmerk auf die Gründungsdynamik in den forschungs- und wissensintensiven Branchengruppen

  • FuE-intensive Branchen des Verarbeitenden Gewerbes,
  • FuE-intensive Branchen der unternehmensnahen Dienstleistungen und
  • Nichttechnische Beratung

gelegt. Daneben wird hinsichtlich der zeitlichen Entwicklung noch das neue Technologiefeld Multimedia betrachtet.Um die Auswirkungen und den Einfluss von siedlungsstrukturellen und regionstypenspezifischen Determinanten auf das Gründungsgeschehen erfassen zu können werden in den Analysen die Regionstypen

  • Metropole (Wien),
  • Kernstädte,
  • Umlandbezirke der Kernstädte und
  • sonstige Bezirke

unterschieden.

Wesentliche Befunde

Die zeitliche Entwicklung von Österreichs Gründungsgeschehen ist geprägt von einem deutlichen Einbruch der Gründungszahlen nach 1998. Dieser Rückgang ist im wesentlichen auf die Reduktion der Gründungen im Handel zurückzuführen. Aber auch bei den industriellen Gründungen sind nach 1996 rückläufige Gründungszahlen zu verzeichnen, bis 2000 hat sich ihr Aufkommen um etwa 20 Prozent reduziert. Dynamisch entwickelt sich dagegen das Gründungsgeschehen im Bereich der Dienstleistungsbranchen. Diese haben den leichten Rückgang des Jahres 1997 inzwischen wieder wettgemacht.Auch in den Jahren 1999 und 2000 ist die Sektorstruktur der Gründungen in Österreich in Relation zur Sektorstruktur der Gründungen in den beiden Referenzräumen deutlich industrielastiger. Die Anteile von Gründungen im verarbeitenden Gewerbe sind hier fast doppelt so hoch. Es ist - obwohl rückläufige Gründungszahlen in diesem Bereich vorliegen - auch nicht zu einer Reduktion des Sektoranteils von VG-Gründungen in Österreich gekommen, wie das in den Vergleichsregionen nach wie vor der Fall ist. Eine Folge dieser Industriebetonung ist, dass die Anteile der konsum- und der unternehmensorientierten Unternehmen an allen Gründungen im Vergleich zu den Referenzregionen gering ausfallen. Im Bereich der unternehmensnahen Dienstleister ist es allerdings zu einer deutlichen Steigerung des Anteils gekommen, ohne dass allerdings der westdeutsche Wert erreicht wurde. Ausgelöst durch die dramatischen Rückgänge der Gründungszahlen im Handel ist der entsprechende Anteil an allen Gründungen stark gesunken.Hinsichtlich der Forschungs- und Wissensintensität des Gründungsaufkommens kann Österreich gerade im Bereich der Dienstleistungs-gründungen ein gutes Zeugnis ausgestellt werden. Sowohl die Anteile der FuE-intensiven Dienstleister, als die der nicht-technischen Berater an allen unternehmensnahen Dienstleistungsgründungen liegen deutlich über denen der Referenzregionen. Die Struktur der Dienstleistungsgründungen Österreichs ist somit durchaus als modern zu bezeichnen. Für den Bereich des verarbeitenden Gewerbes gilt dies allerdings nicht. Hier liegen die Anteile von FuE-intensiven Gründungen an allen industriellen Gründungen in Österreich in etwa um ein Viertel unter den Referenzwerten. Österreichs Industrie scheint auch hinsichtlich der neuen Unternehmen sehr traditionell orientiert zu sein.Trotz dieser relativen Industrielastigkeit der Gründungen ist die Strukturquote des Verarbeitenden Gewerbes kleiner als eins, der Anteil des Verarbeitenden Gewerbes an den Neugründungen ist kleiner als am Unternehmensbestand. Die Strukturquote der unternehmensnahen Dienstleistungen ist erheblich größer als eins. Die Gründungen tragen somit - wenn auch in überschaubarem Umfang - zu einer Strukturveränderung der österreichischen Wirtschaft in Richtung moderner Dienstleistungen bei. Dieser gründungsinduzierte Strukturwandel ist sowohl hinsichtlich der Reduktion des industriellen Bereichs, als auch hinsichtlich der Ausweitung des Dienstleistungsbereichs in Österreich inzwischen stärker ausgeprägt als in den Referenzregionen.Trotz der inzwischen recht modernen Struktur des österreichischen Gründungsaufkommens, trotz der positiven Beiträge zum Strukturwandel hin zu einer wissensintensiven Dienstleistungswirtschaft muss im Vergleich zu den Referenzräumen Westdeutschland und Bayern insgesamt von einer nach wie vor bestehenden Gründungsschwäche Österreichs gesprochen werden. Das Gründungsniveau insgesamt (als Intensität gemessen) liegt in Österreich um rund 40 Prozent unter dem Westdeutschlands (34 gegenüber 49 Gründungen pro 10.000 Erwerbsfähige). Dieses Niveauproblem resultiert aus den Dienstleistungsbranchen, in denen die Gründungsniveaus ganz erheblich geringer sind als in den Referenzräumen. Im verarbeitenden Gewerbe ist die Gründungsintensität größer als in Westdeutschland und Bayern, im Bauwesen sind die Werte nahezu identisch.Die Gründungsschwäche Österreichs im Handel und die Reduktion der Gründungszahlen in diesem Sektor in den letzten Jahren schlägt sich auch auf die Situation in den IKT-Branchen durch. Hier ist die Entwicklung der Gründungen für Softwareentwicklung- und beratung durchaus vergleichbar mit der Situation in den Referenzregionen. Im Bereich des IKT-Handels dagegen sind, insbesondere nach 1997, dramatische Einbußen zu verzeichnen, die wegen des hohen Anteils dieser Gründungen am gesamten IKT-Gründungsgeschehen auch das Gesamtbild in diesem Sektor prägen. Insgesamt gesehen ist der Anteil von IKT-Gründungen am gesamten Gründungsaufkommen in Österreich etwas geringer als in Westdeutschland, der Anteil ist aber im Zeitablauf deutlich gestiegen, von einem Defizit kann nicht gesprochen werden. Die grundsätzliche Schwäche Österreichs im Hinblick auf die Gründungsniveaus ist allerdings auch in diesem Bereich virulent.

Projektteam

Jürgen Egeln

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Senior Researcher

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Ausgewählte Publikationen

Berichterstattung zum Unternehmensgründungsgeschehen in Österreich bis 2000

Egeln, Jürgen, Dirk Engel und Helmut Gassler (2002), Berichterstattung zum Unternehmensgründungsgeschehen in Österreich bis 2000, ENDBERICHT im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr Innovation und Technologie GZ. 525009/63-V/2a/01, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und Joanneum Research, Mannheim und Wien

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