Wie wir die Mobilität der Zukunft auf die Straße bringen

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BMW-Entwicklungsvorstand Klaus Fröhlich spricht am ZEW zu den Zukunftsfeldern der Automobilindustrie.

Elektromobilität, Sicherheit, Autonomes Fahren und Künstliche Intelligenz (KI) sind die großen Zukunftsthemen der Automobilbranche für Klaus Fröhlich, Entwicklungsvorstand des bayrischen Automobilherstellers BMW. Unter zunehmend dynamischeren Rahmenbedingungen gestaltet es sich schwierig, als deutscher Autobauer mit China und den USA mitzuhalten oder sogar neue Standards zu definieren. Fröhlichs Zukunftsvision für Autos, die Branche insgesamt und das eigene Unternehmen legte der BMW-Manager am 4. Dezember 2018 am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, in der Vortragsreihe „Wirtschaftspolitik aus erster Hand“ dar.

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„Wir brauchen eine proaktive Gestaltung des Wandels, um mit technologischen Entwicklungen Schritt zu halten“, eröffnete Klaus Fröhlich seinen Vortrag vor rund 155 Gästen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Das sei angesichts der dynamischen Veränderungen sowohl im globalen Umfeld als auch im Kerngeschäft der Industrie unablässig. Dazu zählen laut Fröhlich eine deutliche Image-Verschlechterung der deutschen Automobilindustrie, eine kritische Betrachtung der Dieseltechnologie sowie eine Verschärfung der regulatorischen Maßnahmen – das betreffe vor allem Europa. „Als weltweit agierendes Unternehmen steht BMW aber auch vor der Herausforderung einer zunehmenden Regionalisierung von Bedürfnissen und Anforderungen, die durch Handelsbarrieren gehemmt werden“, erläuterte Fröhlich. China ist der weltgrößte Premiummarkt für den Autobauer, Großbritannien der viertgrößte Absatzmarkt. Eine Verschärfung der internationalen Handelsbarrieren und eine Senkung des Handelsvolumens würde BMW also massiv treffen.

„Dynamisch agieren“, forderte Fröhlich deshalb als Antwort auf die veränderten Rahmenbedingungen. Das Auto entwickele sich immer mehr zum dritten Wohnraum neben Haus und Arbeitsplatz. Menschen würden mehr Zeit im Auto verbringen und deshalb mehr Nutzungsmöglichkeiten, vor allem im Bereich der Konsumelektronik, erwarten. Für Fröhlich gewinnen deshalb branchenübergreifende Partnerschaften mehr und mehr an Bedeutung.

Die Stoßrichtung für eine innovative Zukunft liegen für den Maschinenbauingenieur auf der Hand: Nachhaltige Antriebstechniken und die Digitalisierung der Fahrzeuge. „Die Elektrifizierung stellt einen Umbruch in der Automobilindustrie dar, der die Spreu vom Weizen trennt. Es liegt an uns, verschiedene Antriebstechniken gleichzeitig  voranzutreiben“, so Fröhlich. Die Digitalisierung sei deshalb wichtig, da Entwicklungen im Bereich Autonomes Fahren, Konnektivität und Künstliche Intelligenz fünf bis zehnmal schneller ablaufen, die Automobilbranche müsse bei Standards aufholen.

Elektromobilität ist das „new normal“

Elektromobilität ist für den Entwicklungsvorstand neben nachhaltigen Verbrennungsmotoren mit geringen CO2-Emissionen das Schlagwort für die Antriebstechnologien der Zukunft. BMW entwickele mittlerweile in der fünften Generation Elektroantriebe und habe auch im Bereich der Batteriezelle enormes Know-how aufgebaut. Dennoch fehle aktuell ein Trend zur Elektromobilität in Europa, insbesondere Deutschland glänze mit Zurückhaltung, wenn es um den tatsächlichen Kauf von E-Fahrzeugen gehe. In China und den USA ließen sich elektrifizierte Technologien besser einführen und absetzen. Auch die Prognosen zeigten, dass „China führend sein wird“, so Fröhlich. Bereits heute würden zudem vermehrt chinesische Start-ups in Richtung Weltmarkt drängen. Dennoch verzeichne auch BMW mehr Zulassungen von Elektroautos: 140.000 waren es in diesem Jahr, bis Ende 2019 sollen 500.000 E-Autos auf der Straße fahren.

„Es ist nicht schwierig, ein Elektroauto zu bauen. Komplizierter ist es, ein nachhaltiges, also auch margenstarkes Geschäftsmodell zu entwickeln“, erklärte der BMW-Vorstand vor allem auch mit Blick auf die Kosten. „Elektroautos werden aufgrund der Batterie immer teurer sein als Verbrennerfahrzeuge. Wir müssen aber ein Auto liefern, für das Kunden nicht exorbitant viel zahlen müssen“, sagte Fröhlich. Die noch bestehenden Vorbehalte und Restrisiken bei der Elektromobilität befeuere die Problematik zudem. Deshalb möchte Fröhlich als Lösung den Kundenmehrwert künftig „emotionalisieren und regionalisieren“. Essenziell sei auch die Sicherung von für die Branche wichtigen Rohstoffen wie Lithium und Kobalt. „Wir möchten uns von solchen Rohstoffen unabhängiger machen und haben unsere Konstruktionen weiterentwickelt, unter anderem auch einen Elektromotor, der keine Seltenen Erden mehr benötigt“, führte Fröhlich an. Eine technische Durchdringung der kompletten Unternehmensprozesse sei erforderlich, wenn man die Kostenführerschaft anstrebe. BMW setze dabei auf eine end-to-end-Wertschöpfung, also darauf, die Wertschöpfungskette von Anfang bis Ende zu verstehen.

Autonomes Fahren ist bis 2021 straßenfähig

Das Rennen um die Technologieführerschaft beim Autonomen Fahren geht aus Fröhlichs Perspektive derzeit in die entscheidende Phase. BMW zieht laut seinem verantwortlichen Manager für Technologie und Produkte bei dem Megatrend mit. Bis 2021 soll ein Autobahnpilot fertig entwickelt sein, der durch den Einsatz von KI ein völlig neues Niveau erreichen soll. Für das autonome Fahren sei KI entscheidend, denn eine reine detailgetreue Kartografie reiche nicht aus, man müsse menschliche Sinneswahrnehmungen wie auch Entscheidungen ersetzen können. „Fahrer können abschätzen, was als nächstes passiert. Neuronale Netze müssen dieses Wissen um komplexe menschliche Handlungen erst erlernen“, sagte Fröhlich.

„Die kommenden Jahren sind voller technologischer Sprünge, bei denen es gilt schnell generationsübergreifende Automobilstandards global zu setzen“, meinte Fröhlich. Parallel dazu müsse aber auch die Regulierung mitziehen sowie eine passende Infrastruktur verfügbar sein. Der Appell ging an dieser Stelle vornehmlich an die deutsche Politik.

Wenn autonome Fahrzeuge am Ende einsetzbar seien, würden diese laut Fröhlich deutlich Verkehrsaufkommen und -unfälle reduzieren. So sind derzeit rund 80 Prozent der Unfälle auf menschliches Versagen zurückzuführen, die dank KI aber vermieden werden könnten. Auch gebe es immer wieder „unangenehme“ Autofahrten, beispielsweise im städtischen Pendelverkehr sowie auf Langstrecken. Bei diesen Unannehmlichkeiten könnten vollautomatisierte Fahrzeuge Abhilfe schaffen.