Symposium zu liberalisierten Endkundenmärkten

Konferenzen

Seit 1998 können Haushaltskunden in Deutschland ihren Stromanbieter selbst auswählen, seit 2005 auch ihren Gaslieferanten. Dies soll zu mehr Wettbewerb und langfristig niedrigeren Preisen führen. Tatsächlich sind die Energiepreise im Laufe des Jahrzehnts jedoch stark gestiegen und nach wie vor beziehen 90 Prozent der Haushalte ihren Strom von ihrem Grundversorger – beim Gas liegt die Quote sogar bei über 95 Prozent. Warum entwickelt sich der Wettbewerb im Endkundenmarkt für Strom und Gas nur zögerlich? Diese und andere energiewirtschaftliche Fragen wurden im Rahmen eines Symposiums der Gesellschaft für Energiewissenschaft und Energiepolitik (GEE) und des Forschungsbereichs Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement des ZEW Ende November 2009 am ZEW erörtert.

In seinem Eröffnungsvortrag wies Andreas Löschel, Forschungsbereichsleiter Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement am ZEW, darauf hin, dass die Marktöffnung für Haushaltskunden kein notwendiger Bestandteil einer Energiemarktreform ist. So liberalisierte etwa Chile bereits in den 1980er Jahren den Elektrizitätsmarkt für Großkunden, hält aber bis heute an einer staatlichen Regulierung der Stromversorgung von Haushaltskunden fest. Tim Mennel und Nikolas Wölfing, beide ZEW, suchten in ihrem Vortrag nach Indizien für Preisüberhöhungen in Endkundenmärkten – die Preisbildung in vorgelagerten Märkten, wie etwa an der Energiebörse EEX in Leipzig, wurde nicht untersucht. Mennel und Wölfing zeigten auf, dass sich neben der Energieversorgung durch die Grundversorger ein Strom- und Gasmarkt für Wechselwillige zu etablieren beginne. Diese Sicht wurde durch Peter Reese vom Verbraucherportal Verivox bestätigt. In seinem ausführlichen und detaillierten Vortrag ging er unter anderem auf die Unterschiede verschiedener Regionen Deutschlands und auf die Profile wechselwilliger Kunden ein. Freilich bleibt die Neigung der Kunden, den Energieversorger zu wechseln, in Deutschland hinter der britischer Haushalte zurück. Dies machte der Vortrag von Phil Burns vom Beratungsunternehmen frontier economics deutlich. Die britischen Verbraucher nutzen demnach sehr häufig ihr Recht auf einen Lieferantenwechsel, wobei sich der Markt nach mehreren Fusionen von Anbietern konsolidiert hat. Intelligente Energiezähler Georg Erdmann von der TU Berlin und Vorsitzender der GEE, griff die von der Bundesregierung geplante Einführung des Smart Metering auf. Smart Metering bezeichnet die zeitgenaue Erfassung und Bepreisung des Strom- und Gasverbrauchs durch moderne Zähler. Die Bundesregierung verspricht sich von Smart Metering, dass die Stromversorgung technisch effizienter wird. Nach Einschätzung von Erdmann ist Smart Metering aus umweltpolitischen Gründen begrüßenswert. Jedoch sei diese Neuerung nicht mit dem Wettbewerb im Endkundenmarkt kompatibel. Die hohen Investitionskosten seien für eine flächendeckende Installation den Grundversorgern nicht zuzumuten. Demgegenüber verteidigte Kai Paulssen von der Bundesnetzagentur die Strategie seines Hauses, die auf eine schrittweise Einführung des Smart Meterings in den liberalisierten Märkten ohne zusätzliche Kosten für die Endkunden abzielt. Freilich räumte er in der anschließenden Diskussion gegenwärtige Schwierigkeiten bei der Umsetzung ein. Die lebhafte Beteiligung an den Debatten zur Entwicklung der Strom- und Gasmärkte ermöglichte einen bereichenden Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis. Die Reihe der GEE/ZEW-Symposien soll in diesem Jahr fortgesetzt werden.