Parlamentarischer Abend von Metropolregion Rhein-Neckar und ZEW: Wie Energie- und Klimapolitik nachhaltig erfolgreich sein kann

Veranstaltungen

Die Diskutanten beim Parlamentarischen Abend am ZEW (v.l.): Dr. Wolfgang Niopek, Adolf Roesch, Joachim Goldbeck, Moderator Gerhard Augstein, Gabriele Katzmarek MdB und Dr. Thomas Gebhart MdB

Werden die ehrgeizigen energie- und klimapolitischen Ziele in Deutschland zum Bremsklotz für die Wirtschaft? Wie der Spagat zwischen Umweltschutz und internationaler Wettbewerbsfähigkeit gelingen kann, war das Kernthema des vierten Parlamentarischen Abends, den die Metropolregion Rhein-Neckar und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Anfang Februar 2016 gemeinsam in Mannheim veranstalteten.

Von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik wird immer wieder eine nachhaltige Strategie in der Energie- und Klimapolitik gefordert. Doch Maßnahmen wie der deutsche Ausstieg aus der Kernenergie in Folge des Reaktorunglücks von Fukushima 2011 oder Ergebnisse internationaler Konferenzen wie  vom jüngsten Weltklimagipfel in Paris Ende 2015 (COP21) beeinflussen und verändern die langfristigen Planungen.

Dass diese Anpassungsprozesse Folgen für Unternehmen, die Politik aber auch für die Bürger als Steuerzahler und Konsumenten haben, verdeutlichte Thomas Kohl, Geschäftsführer des ZEW, in seiner Begrüßung beim vierten Parlamentarischen Abend zum Thema "Energie- und Klimapolitik - Ihre Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands".

Bernd Kappenstein, Leiter des Fachbereichs Energie & Umwelt der Metropolregion Rhein-Neckar GmbH, zeigte sich bei seinem Auftaktbeitrag positiv überrascht über das Zustandekommen konkreter Ergebnisse bei COP21. Wie die Konferenz allerdings genau zu bewerten sei, ließ Kappenstein offen: "Für Deutschland stehen nach Paris weiterhin der schnellere Ausbau der erneuerbaren Energien und ein rascher Ausstieg aus der Kohlverstromung auf der Tagesordnung."

Neue Dynamik in der globalen Klimapolitik

Dr. Oliver Schenker, kommissarische Leiter des ZEW-Forschungsbereichs "Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement", nennt das Abkommen trotz all seiner Unzulänglichkeiten einen Meilenstein. "Zum ersten Mal konnte ein Klimaabkommen vereinbart werden, das fast alle Staaten in die Pflicht nimmt, ihren CO2-Ausstoß zu begrenzen", so Schenker. Der Beschluss von Paris bringe eine neue Dynamik in die globale Klimapolitik und sei  ein solides Fundament für weitere Maßnahmen. Ob die Zusagen der Staaten weniger CO2 zu emittieren, jedoch auch eingehalten würden, werde  sich erst mittel- und langfristig zeigen. Für Deutschland bewertet Schenker das Abkommen als "grundsätzlich positiv". Es könne neue Wachstumsimpulse für Investitionen in High-Tech-Industrien geben.

Im Anschluss an Schenkers wissenschaftliche Einführung diskutierten die SPD-Bundestagsabgeordnete Gabriele Katzmarek MdB, ihr CDU-Kollege Dr. Thomas Gebhart MdB, Joachim Goldbeck, Geschäftsführer der Goldbeck Solar GmbH, Dr. Wolfgang Niopek, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, und Adolf Roesch, Managing Director der Sub-Region Central Europe der Sparte Power Services beim US-amerikanischen Mischkonzern General Electric(GE). Moderiert wurde die Podiumsdiskussion von SWR-Redakteur Gerhard Augstein.

Augstein eröffnete die Debatte mit der Bitte, die Ergebnisse der Klimakonferenz in Paris einzuordnen. Gebhart, der selbst an der Konferenz teilgenommen hat, zeigte sich zufrieden: "Die Einigung von Paris war ein historisches Ereignis, da es nach über 20 Jahren der Verhandlung gelungen ist, ein weltweites Klimaabkommen zu verabschieden." Man dürfe nicht vergessen, dass regelmäßig 195 Staaten und Organisationen mit unterschiedlichen Interessen an den Verhandlungen teilnähmen und das Einstimmigkeitsprinzip gelte. Dennoch werde der Vertrag die Probleme nicht alleine lösen können, äußerte sich der CDU-Politiker. Katzmarek bewertete das Zustandekommen der Vereinbarung zwar ebenfalls als positiv, ergänzte aber noch: "Deutschland kann das Klima nicht alleine retten. Einige andere Länder müssen weitaus höhere Beiträge leisten."

Alle Maßnahmen setzen bestimmte Signale im Markt

Wolfgang Niopek setzte den Fokus stärker bei Deutschland: "Wir haben Klimaziele auf Weltebene in der Diskussion, aber auch eigene sehr ambitionierte Ziele, wie den Atomausstieg, die Steigerung der Energieeffizienz und den Ausbau der erneuerbaren Energien." All diese Maßnahmen würden mit Kosten und Gebühren bestimmte Signale im Markt setzen, die es zu beachten gelte.

Unternehmer Joachim Goldbeck führte in diesem Zusammenhang die EEG-Umlage als konkretes Beispiel an. Sie sei noch immer notwendig, um eine günstige Finanzierung für  erneuerbare Energie-Projekte zu ermöglichen. "Allerdings darf die Finanzierung der erneuerbaren Energien nicht ins Unendliche getrieben werden", entgegnete Gabriele Katzmarek. Insgesamt sei die Förderung allerdings sehr wichtig, da es so gelungen sei, innerhalb von fünf Jahren den Anteil an erneuerbaren Energien von zehn auf rund 30 Prozent zu heben.

Die konventionelle Kraftwerkstechnik leidet seit Jahren

Mit den Folgen dieser Entwicklung muss sich Adolf Roesch auseinandersetzen. "Die konventionelle Kraftwerkstechnik leidet seit Jahren", betonte der GE-Manager. Das betreffe auch Mannheim als Hochburg für Turbinentechnik. Insgesamt solle sich die Politik stärker aus dem Strommarkt zurückziehen, forderte Roesch. In diesem Punkt stimmte ihm Solarunternehmer Goldbeck zu, betonte allerdings: "Solange die konventionellen Kraftwerke die Atmosphäre als kostenfreie Deponie benutzen können, gibt es Marktverzerrungen."

Aus Sicht von Wolfgang Niopek muss es zuerst gelingen, die erneuerbaren und die konventionellen Energieträger in einen Markt zu bringen. Nur so könne die Energiewende nachhaltig gelingen. Roesch stimmte ihm zu: "Energiepolitik war bisher sehr langfristig angedacht, momentan fehlt diese Balance. Wir leisten uns zwei parallele Energiesysteme." Für die  Gabriele Katzmarek ist der Netzausbau das zentrale Projekt, damit diese Marktintegration gelingen kann. CDU-Mann Gebhart sieht mehr Marktwirtschaft als das adäquate Mittel, um eine Balance zwischen Klimaschutz und internationaler Konkurrenzfähigkeit der deutschen Wirtschaft zu erreichen. Insgesamt herrschte Konsens unter allen Diskutanten darüber, dass in der Energie- und Klimapolitik wieder langfristiger gedacht und gehandelt werden muss.