Im Rahmen des Mannheimer Unternehmenssteuertags, den das ZEW und die Universität Mannheim jährlich veranstalten, wurden bereits zum neunten Mal aktuelle Fragen der nationalen und internationalen Unternehmensbesteuerung von namhaften Referenten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung beleuchtet. Die Veranstaltung mit rund 90 Teilnehmern aus Wissenschaft, Praxis und Finanzverwaltung widmete sich am 25. Juni 2015 dem Thema steuerliche Chancen und Fallstricke bei strategischen Investitionsentscheidungen.

Dabei hat sich die Kombination von wissenschaftlichen Vorträgen und praxisorientierten Workshops erneut bewährt und fand großen Zuspruch bei den Teilnehmern. Neben den momentan ungünstigen Bedingungen für innovative Geschäftstätigkeiten in Deutschland hat die Veranstaltung eindrucksvoll die derzeitigen Defizite bei der Berücksichtigung von Steuern im Rahmen von Investitionsentscheidungen aufgezeigt. Professor Christoph Spengel (Universität Mannheim und Research Associate am ZEW) wies als Initiator der Veranstaltung in der Begrüßung der Teilnehmer auf das Spannungsfeld zwischen der zunehmenden Mobilität von Unternehmen und den derzeitigen Bestrebungen von OECD und EU-Kommission gegen aggressive Steuerplanung hin. Daher sei die Gestaltung einer innovationsfreundlichen und nachhaltigen Steuerpolitik im derzeitigen Umfeld sehr herausfordernd.

Steuerpolitik ist gleichzeitig Innovationspolitik

Professor Dietmar Harhoff (Max Planck Institut für Innovation und Wettbewerb, München, Vorsitzender der Expertengruppe für Innovation, EFI und Research Associate am ZEW) betonte in seinem Vortrag, dass die Schaffung attraktiver steuerlicher Rahmenbedingungen ein integraler Bestandteil der Innovationspolitik sein müsse. Dies gelte insbesondere für Deutschland, das über keinerlei Rohstoffe verfüge und dessen Wohlstand maßgeblich auf dem geschaffenen Wissen beruhe. Das derzeitige deutsche Steuersystem wirke jedoch eher innovationshemmend. Harhoff sprach sich deutlich gegen die Einführung der in vielen EU-Staaten vorzufindenden Patentboxen aus, da diese nicht die Tätigkeit an sich, sondern ausschließlich deren Verwertung begünstigen. Patentboxen befeuerten vielmehr ausschließlich den Steuerwettbewerb, innovationspolitisch seien sie wirkungslos.

Steuerliches Investitionsklima in Deutschland kann verbessert werden

Auch Professor Christoph Spengel widmete sich in seinem Vortrag zunächst dem steuerlichen Investitionsklima in Deutschland. Er wies auf Regelungen wie die Zinsschranke oder restriktive Verlustverrechnungsbeschränkungen hin, sodass in Deutschland im europaweiten Vergleich eher ungünstige Bedingungen vorherrschten. Er diskutierte hierzu mögliche steuerliche Besserstellungen von Investitionen und Innovationen durch spezielle Anreize für KMU sowie Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten und schlussfolgerte, dass eine Förderung von F&E-Aktivitäten in Form von Steuergutschriften durchaus Sinn mache. Vom Instrument der IP-Boxen rät Spengel ebenfalls eindeutig ab. Diese führten nicht zu mehr Innovation, sondern lediglich zu mehr Steuerplanungsaktivitäten.

Strategische Investitions- und Finanzierungsentscheidungen in der Praxis

Dr. Andreas Roth (Leiter der Abteilung Steuern und Zölle der John Deere GmbH & Co. KG) erläuterte die Sicht einer Konzernsteuerabteilung auf strategische Investitions- und Finanzierungsentscheidungen. Er wies darauf hin, dass eine enge Verzahnung von Steuerplanung und Investitions-/Konzernplanung einen Mehrwert für das gesamte Unternehmen schaffen könne. In der Realität sei diese Verzahnung jedoch oftmals nicht der Fall, da gängige Kennzahlen für die Beurteilung einzelner Investitionsprojekte den Einfluss von Steuern nicht berücksichtigten. Allgemein sprach sich Roth dafür aus, die möglichen steuerlichen Vorteile einer komplexen Struktur stets gegenüber den damit verbundenen Risiken abzuwägen und eher einfachen und bewährten Strukturen den Vorzug zu geben. Im Rahmen des steuerlichen Risikomanagements sollte daher stets der Grundatz „Tax follows Business“ befolgt werden.

Praxis-Workshops: Steuerliche Brennpunkte grenzüberschreitender Investitionsvorhaben

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurden drei fachspezifische Workshops angeboten, die sich intensiver mit einzelnen Aspekten von Investitionsentscheidungen auseinandersetzten.

  • Im Workshop „Einfluss von Verrechnungspreisen auf Investitionsentscheidungen und die Steuerplanung nach BEPS“ gingen Axel Eigelshoven (PwC) und Günther Morlock (Zentrales Konzernprüfungsamt Stuttgart) auf potenzielle Auswirkungen des neuen Entwurfs der OECD-Verrechnungspreisrichtlinie für die konzerninterne Gewinnverteilung im Zusammenhang mit immateriellen Vermögensgegenständen ein.
  • Im Workshop „Chancen und Fallstricke bei grenzüberschreitenden Investitionsentscheidungen“ wurden von Dr. Florian Schultz (PwC) zunächst einige Beispiele vorgestellt, die zu einer Reduzierung von Quellensteuern bei grenzüberschreitenden Investitionen führen. Er wies explizit auf Substanzerfordernisse und die Kurzlebigkeit einzelner Strukturen durch Gegenmaßnahmen einzelner Länder hin. Thomas Schrotz (Leiter Steuern bei Heidelberger Druckmaschinen) zeigte in einer ausführlichen Fallstudie die steuerlichen Implikationen einer Investition in China auf.
  • Im Workshop „Probleme grenzüberschreitender Finanzierungen“ diskutierten Thomas Rupp (Finanz- und Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg) und Franz Prinz zu Hohenlohe (KPMG) steuerliche Brennpunkte der Konzernfinanzierung.