Steuerorientierte Bewertung

Das ZEW und die Universität Mannheim begrüßten am 22. Juni 2010 etwa 100 Teilnehmer zum diesjährigen Mannheimer Unternehmenssteuertag. Im Rahmen dieser jährlich stattfindenden Veranstaltung widmen sich namhafte Referenten aus Wissenschaft, Praxis und Finanzverwaltung aktuellen Fragen der nationalen und internationalen Unternehmensbesteuerung. In diesem Jahr standen praxisrelevante Fragen der steuerorientierten Bewertung im Mittelpunkt.

Prof. Dr. Christoph Spengel (Universität Mannheim und ZEW) eröffnete die Veranstaltung und begrüßte die Teilnehmer. In einem ersten Vortrag erläuterte Dr. Martin Jonas (Warth & Klein AG) das Zusammenspiel von Unternehmensbewertung und Besteuerung. Der Referent illustrierte anhand des "Tax Capital Asset Pricing Models“ die Wirkungen der Unternehmensteuerreform 2008 auf den Unternehmenswert. Er stellte insbesondere den möglichen Einfluss der abgeltenden Besteuerung von Zinsen, Dividenden und Kursgewinne auf den Unternehmenswert heraus.

Mittelfristige Reformziele

Aktuelle Steueränderungen sowie weiterhin bestehender Reformbedarf standen im Fokus des Vortrags von Prof. Dr. Michael Schmitt (Finanzministerium Baden-Württemberg). Der Referent gab zunächst einen Überblick über die Modifikationen wesentlicher Gegenfinanzierungsinstrumente der Unternehmensteuerreform 2008, die auf Grund ihrer krisenverschärfenden Wirkung in Kritik geraten waren. Darüber hinaus erörterte Schmitt die Konsequenzen des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes für die steuerliche Gewinnermittlung und ging auf Änderungen im Bereich der Umsatz- und Erbschaftsteuer ein. In einem kurzen Ausblick hob der Referent abschließend die Reform der Kommunalfinanzen, die Vereinfachung der steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die Verlustverrechnung als mittelfristige Reformziele hervor.

Dr. Florian Schultz (PricewaterhouseCoopers AG) erläuterte aus Sicht der Transaktionsberatung aktuelle Entwicklungen im Bereich der steuerorientierten Bewertung. Dabei skizzierte er zunächst die aktuellen Herausforderungen für die steuerliche Bewertung, die sich aus volatilen Unternehmensergebnissen, der Rolle des Beraters als Dienstleister und der zunehmenden Besteuerung ertragsunabhängiger Elemente ergeben. Auf Grund dieser Entwicklungen sei, nach Ansicht des Referenten, die aktuelle Steuerbilanzpolitik zunehmend darauf ausgerichtet, Verluste zu vermeiden und Volatilitäten zu glätten, um dadurch unter anderem Verlustvorträge oder EBITDA -Vorträge zu schützen.

Analyse von Fallstudien

Auf die Vortragsrunde folgte eine Podiumsdiskussion mit den genannten Referenten sowie Prof. Dr. Andreas Schumacher (Flick Gocke Schaumburg) und Prof. Dr. Christoph Spengel. Kritische Punkte der Vorträge wurden diskutiert und Fragen aus dem Auditorium beantwortet.

Die Möglichkeit zur Vertiefung spezieller Inhalte bot sich am Nachmittag im Rahmen der Analyse von Fallstudien. Stefan Ditsch (PricewaterhouseCoopers AG) und Prof. Dr. Michael Schaden (Ernst & Young GmbH) diskutierten mit den Teilnehmern die Möglichkeiten einer Verlustnutzung durch Steuergestaltung. Regierungsdirektor Ralf Neumann (Oberfinanzdirektion Rheinland) und Prof. Dr. Andreas Schumacher analysierten erste praktische Erfahrungen mit der Entschärfung des § 8c Körperschaftssteuergesetz. Im Fokus des dritten Workshops, geleitet von Oliver Dörfler (KPMG Deutsche Treuhand AG) und Ministerialrat Dietrich Weilbach (Finanzministerium Baden-Württemberg), standen Fälle zum Wachstumsbeschleunigungsgesetz.

Der Unternehmenssteuertag machte deutlich, dass sich aus dem Zusammenspiel der Wirtschaftskrise mit wesentlichen Änderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen besondere Herausforderungen für steuerliche Bewertungsfragen ergeben. Handlungsmöglichkeiten und -grenzen für die steuerliche Bewertung konnten im intensiven Dialog zwischen Vertretern der Wissenschaft, der Praxis und der Finanzverwaltung aufgezeigt werden.

Katharina Finke E-Mail: finke@zew.de