Große Koalition des Unsinns: Die Mietpreisbremse

Standpunkt

Dass Politiker vor Wahlen populistische und ökonomisch unsinnige Vorschläge machen, wenn sie glauben, damit ein paar mehr Wähler zu mobilisieren, ist ein Übel, mit dem wir offenbar leben müssen. Das jüngste Beispiel dafür ist die "Mietpreisbremse". Anlass für diese Debatte ist der erhebliche Anstieg der Mieten in Ballungszentren in den letzten Jahren. In Berlin beispielsweise sind die Mieten bei Neuvermietungen seit 2007 um rund 40 Prozent angestiegen. Für Menschen mit niedrigen oder mittleren Einkommen wird es immer schwerer, in begehrten Stadtvierteln zu wohnen. Um diesem Trend entgegenzuwirken, will die SPD den Anstieg der Mieten durch neue Gesetze stoppen. Die CDU hat sich dem angeschlossen.

Derzeit dürfen Mieten in Deutschland innerhalb von drei Jahren höchstens um 20 Prozent steigen, nur bei Neuvermietungen sind Mieten frei verhandelbar. Die SPD fordert, den Anstieg der Mieten auf 15 Prozent in vier Jahren zu begrenzen. Bei Neuvermietungen soll die Miete ebenfalls begrenzt werden. Die CDU will Neubauten von der Mietpreisbremse ausnehmen, um Anreize für Bauinvestitionen zu bewahren. Die Mieten für Bestandsobjekte sollen aber ebenfalls gedeckelt werden.

Mit diesen Maßnahmen würde der Mietpreisanstieg in der Tat gedämpft. Diejenigen, die in begehrter Lage schon eine Mietwohnung haben oder trotz der Mietregulierung eine neue Wohnung ergattern, werden auf Kosten ihrer Vermieter entlastet. Das ist beabsichtigt, weil Mieter offenbar mehr Sympathien genießen als Vermieter. Die Nebenwirkungen sind allerdings verheerend. Vor allem verschärft sich das Problem der Wohnraumknappheit, und zwar sofort und nicht erst dann, wenn sinkende Bautätigkeit sich bemerkbar macht. Es werden mehr Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt oder sie werden gewerblich vermietet, beispielsweise für Büros. Außerdem lohnt es sich eher, Wohnungen leer stehen zu lassen in der Hoffnung auf Wertsteigerungen. Wer eine große Mietwohnung hat und sie eigentlich nicht mehr braucht, beispielsweise weil die Kinder groß geworden und ausgezogen sind, wird nicht in eine kleinere Wohnung umziehen wollen. Die Miete der alten Wohnung ist ja niedrig und neue Wohnungen sind kaum erhältlich. Die Eigennutzung durch die Eigentümer nimmt ebenfalls zu. Mittelfristig verschärft sich der Rückgang an verfügbaren Mietwohnungen weiter, weil Investitionen ausbleiben. Modernisierungsmaßnahmen entfallen und es werden weniger Wohnungen gebaut. Der Neubau wird auch dann zurückgehen, wenn die Erstvermietung von der Mietpreisbremse ausgenommen ist, denn Investoren berücksichtigen, dass Wohnungen mehrfach vermietet werden.

Die Mietpreisbremse verändert auch den Markt für die wenigen verbleibenden Mietwohnungen. Da bei den niedrigeren Mieten die Nachfrage das Angebot weit übersteigt, werden willkürliche Diskriminierungen am Mietmarkt zunehmen und der Druck auf Mieter steigt, durch Zahlungen "unter der Hand" an Makler oder Eigentümer die Mietpreisbremse zu umgehen. Korruption und Steuerhinterziehung sind die Folge. Die Störung der Preisbildung bei Mietwohnungen hat Folgen über den Immobilienmarkt hinaus. Da es schwieriger wird, eine neue Mietwohnung zu finden, nimmt die Mobilität ab und damit zum Beispiel die Bereitschaft, einen neuen Arbeitsplatz anzunehmen.

Wirksamer wäre es, das Problem an der Wurzel anzupacken und Konzepte zu entwickeln, um das Angebot an bezahlbarem Wohnraum nachhaltig zu erhöhen. Das kostet allerdings Geld, das die öffentlichen Haushalte derzeit kaum aufbringen können. Zu glauben, man könnte diesen Mangel durch Preisregulierungen aus der Welt schaffen, ist eine Illusion. Der Staat muss sich auf seine Kernaufgaben konzentrieren. Im Wohnungsmarkt besteht diese Kernaufgabe darin, dafür zu sorgen, dass bedürftige Haushalte angemessen wohnen können. Dazu müssen Transfers wie Wohngeld an die Mietentwicklung bei entsprechenden Wohnungen angepasst werden. Eine flächendeckende Mietpreiskontrolle dagegen setzt die Marktkräfte außer Kraft und verschärft die Wohnungsnot.