Ein ökonomischer Blick auf Geschenke – „Weihnachten ist zerstörerisch“

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ZEW-Präsident Achim Wambach und Axel Ockenfels von der Universität zu Köln hielten eine Weihnachtsvorlesung am ZEW.

Das Weihnachtsfest steht vor der Tür – die jährliche Jagd auf Geschenke hat begonnen. Doch was sagt die Ökonomie über Sinn und Unsinn des Schenkens? Gehören Geschenke aus rationaler Sicht abgeschafft – oder lassen sie sich rechtfertigen? Darüber diskutierten ZEW-Präsident Prof. Achim Wambach, Ph.D., und Prof. Dr. Axel Ockenfels, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität zu Köln, in einer Weihnachtsvorlesung am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim.

„Santa Clause meets Gordon Gekko – Nice Guy meets Homo Oeconomicus“ – unter diesem Titel trafen bei der Weihnachtsvorlesung gegensätzliche Ansichten aufeinander. Während Axel Ockenfels als „Nice Guy“ ein Plädoyer für das uneigennützige Schenken hielt, stellte Achim Wambach als „Homo Oeconomicus“ die gängige Praxis infrage. Der ZEW-Präsident begann mit einem Ausschnitt aus dem Film „Wall Street“, in dem der skrupellose Banker Gordon Gekko die Vorzüge der Gier preist. „So sieht die wahre Welt aus“, kommentierte Wambach, „und das lässt sich nicht damit vereinbaren, Weihnachtsgeschenke zu machen.“ Spenden – und damit auch Geschenke – seien immer egoistisch, lautete seine These. Als Beispiel nannte er eine Spendenaktion der Harvard Law School, bei der die Geldgeber auf Wunsch namentlich im Jahresbericht genannt werden konnten. Weniger als ein Prozent nutzte die Möglichkeit, anonym zu bleiben. „Es geht also ganz und gar nicht um uneigennütziges Handeln.“

Dass sich alle Menschen egoistisch verhalten, wollte Axel Ockenfels nicht so stehen lassen. Er berichtete von psychologischen Experimenten, nach denen altruistisches Verhalten zunimmt, wenn die Selbstkontrolle erschöpft ist. „Bei Bauchentscheidungen verhalten wir uns fairer, als wenn wir überlegt handeln. Wir können uns also abtrainieren, fair zu sein, aber im Grunde unseres Herzens sind wir anders.“

„Weihnachtsgeschenke verursachen Wohlfahrtsverluste“

Achim Wambach stellte als „Homo Oeconomicus“ die gängige Praxis des Schenkens infrage.

Unabhängig von der Frage, ob der Mensch überhaupt zu uneigennützigem Handeln imstande ist – welche Wirkung haben Geschenke in ökonomischer Hinsicht? Achim Wambach zeigte sich überzeugt: „Weihnachtsgeschenke verursachen Wohlfahrtsverluste.“ Er verwies auf eine Studie, in der Menschen gefragt wurden, wie viel sie für die Geschenke, die sie erhalten hatten, selbst ausgegeben hätten. Das Ergebnis: deutlich weniger, als die Gegenstände tatsächlich gekostet hatten. „Wenn man einen Pullover bekommt, den man niemals anzieht, beträgt der Wertverlust sogar 100 Prozent“, so Wambach. Seine Schlussfolgerung: „Weihnachten ist zerstörerisch.“

Ockenfels wiederum hielt dagegen: „Schenken schafft Werte.“ Um das zu illustrieren, spielte er ein Video von seinen Kindern ab, die unter dem Weihnachtsbaum sitzen und sich offenkundig über ihre Geschenke freuen. Außerdem verwies der Verhaltensökonom auf ein Experiment, bei dem eine Versuchsgruppe zwischen einer Tafel Schokolade und einer Tasse wählen konnte, wobei es keine eindeutigen Präferenzen für den einen oder den anderen Gegenstand gab. Die Teilnehmer einer anderen Gruppe hingegen bekamen zunächst eine Tafel Schokolade oder eine Tasse und konnte anschließend entscheiden, ob sie ihr Geschenk gegen den jeweils anderen Gegenstand umtauschen wollten – was die wenigsten wollten. „Man gibt nur ungern ein Geschenk aus der Hand“, sagte Ockenfels. „Das Schenken schafft einen Wert per se – es ist also das Gegenteil von Wertverlust.“

„Effiziente, rationale Geschenke sind möglich“

Axel Ockenfels plädierte als „Nice Guy“ für das uneigennützige Schenken.

Bei aller Skepsis meinte Achim Wambach schließlich in weihnachtlich-versöhnlichem Ton: „Effiziente, rationale Geschenke sind möglich.“ Eine Möglichkeit seien Geldgeschenke. „Das maximiert den Nutzen und vermeidet Wohlfahrtsverluste.“ Ein Tipp weiterer für rationale Geschenke lautete: „Schenke das, wovon du Ahnung hast!“ Zum Beispiel könnten Weinkenner eine gute Flasche Wein verschenken. Für den Beschenkten wäre es viel aufwendiger gewesen, eine ebenso gute Flasche Wein zu finden – ein solches Geschenk reduziere also die Suchkosten und bringe einen Effizienzgewinn.

Ockenfels begegnete dieser rationalen Perspektive mit dem Argument, dass ein Geschenk nicht einfach mit seinem Geldwert aufgewogen werden könne. Häufig sei ein echtes Geschenk nicht nur schöner, sondern auch effizienter als ein Geldgeschenk. Dies verdeutlichte er mit einem Cartoon: Ein Mann und eine Frau sind bei einem anderen Pärchen eingeladen, doch statt einer Flasche Wein drücken sie den Gastgebern lediglich einen Geldschein in die Hand und sagen: „Wir hatten keine Zeit mehr, um Wein zu kaufen, aber hier ist das Geld, das wir dafür ausgegeben hätten.“ In manchen Fällen sei ein Geldgeschenk ökonomisch gesehen vielleicht sinnvoll, meinte Ockenfels, doch der Mensch wolle etwas anderes. „Wir wollen keine nützlichen Geschenke – wir wollen etwas geschenkt bekommen, das wir uns selbst nicht gekauft hätten, etwas, das uns selbst nie eingefallen wäre.“ 

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