Was bringen staatliche Investitionen in Forschung und Entwicklung? - "FuE-Ausgaben sind wichtige Treiber des Wirtschaftswachstums"

Nachgefragt

Forschung und Entwicklung (FuE) gilt als wesentliche Grundlage für Innovationen, die wiederum notwendig für die Wirtschaftskraft eines Landes sind. Die öffentliche Hand lässt sich Investitionen in FuE deshalb gerne etwas kosten – vorausgesetzt, der Staatshaushalt lässt hinreichend Spielraum dafür. Von 2005 bis 2013 hat die Bundesregierung ihre Ausgaben für FuE insgesamt um 60 Prozent auf derzeit rund 14,4 Milliarden Euro erhöht. Die Staatsschuldenmisere einiger Euroländer hat indes zum gegenteiligen Effekt geführt. ZEW-Industrieökonom Georg Licht macht deutlich, warum staatliche Investitionen in FuE notwendig sind – auch in Krisensituationen.

Dr. Georg Licht leitet den Forschungsbereich „Industrieökonomik und Internationale Unternehmensführung“ am ZEW und forscht bevorzugt zum Innovations- und Gründungsgeschehen. Er ist unter anderem verantwortlich für die Endberichte zur technologischen Leistungsfähigkeit Deutschlands und eine Reihe von Projekten zur Wettbewerbsfähigkeit und Innovationspolitik im Auftrag der Europäischen Kommission. Am 5. März 2015 moderiert er in der Reihe der ZEW Lunch Debates in Brüssel die Diskussionsrunde zum Thema öffentliche FuE-Budgets in Krisenzeiten.

Wann, sprich unter welchen Bedingungen, sind Investitionen in FuE für die öffentliche Hand angebracht?

Forschungsergebnisse sind nicht nur durch das Unternehmen, das die Kosten eines Forschungsprojekts finanziert, nutzbar, sondern auch durch andere Unternehmen. Staatliche FuE-Subventionen senken einerseits die Kosten der Forschung und stimulieren daher aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive FuE-Ausgaben der Unternehmen, konterkarieren also gleichzeitig zu geringe FuE-Investitionen der Unternehmen. Andererseits kann die öffentliche Hand auch FuE in eigenen Institutionen durchführen und allen Unternehmen zur Verfügung stellen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die öffentliche Hand selbst der Nachfrager nach FuE-generierten Produkten ist – wie zum Beispiel im Bereich Verteidigung und im Gesundheitswesen – oder wenn große Forschungsgeräte wie Teilchenbeschleuniger, Forschungsschiffe und Riesenteleskope die Finanzierungsmöglichkeiten einzelner Unternehmen oder Privatpersonen übersteigen.

Mit welchen Problemen hat staatliche geförderte FuE zu kämpfen im Vergleich zur freien Wirtschaft?

Öffentliche Forschung spannt einen weiten Bogen, der von der Weltraumforschung über die Gesundheitsforschung bis hin zu den Grundlagen neuer Produktionstechnologie oder die Sprachwissenschaften reicht. Die Effekte sind schwierig messbar. Schwer ist daher auch die Antwort auf die Frage, wieviel der Staat für die Teilbereiche ausgeben sollte. Und natürlich ist immer auch darauf zu achten, dass die staatlichen Ausgaben private Ausgaben nicht verdrängen.

Können öffentliche Investitionen das Wirtschaftswachstum ankurbeln?

FuE-Ausgaben sind wichtige Treiber der Produktivitätsentwicklung und damit auch des Wirtschaftswachstums. Das gilt sowohl für die FuE-Investitionen der privatwirtschaftlichen Unternehmen wie auch der öffentlichen Hand. Entsprechend negativ werden sich die Kürzungen von öffentlichen FuE-Budgets auf die Wachstumspotenziale der Krisenländer auswirken.

In Ländern wie Griechenland, Irland, Spanien, Italien oder Portugal drückt die Euro-Schuldenkrise auf das staatliche FuE-Budget, Kürzungen sind die Folge.

In der Tat haben die Krisenländer ihre öffentlichen FuE-Ausgaben in den vergangenen Jahren massiv zurückgefahren. Die öffentlichen FuE-Budgets sind zwischen den Jahren 2009 und 2013 in den Krisenländern im Durchschnitt um 15 Prozent gesunken, während sich die öffentlichen FuE-Budgetansätze in Deutschland beispielsweise im gleichen Zeitraum um 16 Prozent erhöht haben. In der Krise gerieten öffentliche Haushalte durch sinkende Steuereinnahmen und steigende Ausgaben für Arbeitslosenunterstützung unter massiven Druck. Auch das FuE-Budget kann sich so auftretenden Sparzwängen nicht entziehen. Das gilt insbesondere für diejenigen Budgetanteile, die nicht vertraglich oder gesetzlich gebunden sind. FuE erscheint zudem leichter in die Zukunft verschiebbar, da die Produktivitätseffekte sich erst mittelfristig entfalten. Das gilt insbesondere für die öffentliche Grundlagenforschung.

Welche Anreize müssen auf oder vielmehr von europäischer Ebene gesetzt werden, damit die Mitgliedstaaten der Union mehr Geld für FuE in die Hand nehmen?

Zuerst einmal sind die Länder gefordert. Der weit überwiegende Teil der öffentlichen Forschungsgelder in der EU wird von den Mitgliedstaaten aufgebracht – trotz des großen Forschungsrahmenprogramms Horizont 2020 der EU oder der FuE-relevanten Teile der europäischen Struktur- und Regionalfonds. Allerdings könnte die EU dazu beitragen, dass die Mitgliedstaaten ihre Ausgabenpräferenzen verändern. Eine Kofinanzierung von nationalen Forschungsprogrammen innerhalb der Joint Programming-Initiative, die die Europäische Kommission im Jahr 2008 gestartet hat, um die öffentlichen FuE-Möglichkeiten europaweit effektiver auszuschöpfen, wäre beispielsweise dazu geeignet.