ZEW-Erste Group Bank-Konjunkturindikator CEE - Konjunkturerwartungen für Mittel- und Osteuropa verschlechtern sich im Sog der Finanzkrise

Konjunkturindikator CEE

Die verschärfte Vertrauenskrise an den internationalen Finanzmärkten und die Sorge, dass diese auf die Realwirtschaft durchschlägt, wirkt sich negativ auf die Konjunkturerwartungen für die Region Mittel- und Osteuropa (CEE) aus. Der CEE-Indikator, der vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, mit Unterstützung der Erste Group Bank AG, Wien, monatlich ermittelt wird, sinkt in der aktuellen Umfrage um 20,5 Punkte auf minus 51,1 Punkte.

Die befragten Finanzmarktexperten sehen im Oktober Abschwächungsrisiken des Konjunkturwachstums in Mittel- und Osteuropa. Allerdings dürften sich die Erwartungen bald stabilisieren, da viele Regierungen dem Finanzsektor Rettungspakete in Aussicht stellen und da wichtige Nationalbanken in der CEE-Region die Stabilität der jeweiligen Finanzsysteme immer wieder betonen.

In der aktuellen Umfrage geht die Mehrheit der Analysten von einer Verschlechterung der künftigen Konjunkturlage in den einzelnen CEE-Ländern aus. Den größten Verlust gegenüber dem Vormonat verzeichnet der Indikator für Kroatien. Er sinkt um 34,8 Punkte auf einen Stand von minus 47,3 Punkten. Die Konjunkturerwartungen für Ungarn erreichen einen Saldo von minus 25,6 Punkten (minus 25,7 Punkte gegenüber dem Vormonat). Den niedrigsten Saldo erzielt mit minus 58,5 Punkten die Tschechische Republik gefolgt von der Eurozone mit minus 56,8 Punkten. Allerdings hat die negative Stimmung, die in den vergangenen Monaten in der Eurozone vorherrschte, im Oktober eine marginal positive Wendung gefunden und der Indikator verbessert sich leicht um 5,2 Punkte. Der Konjunkturindikator für Österreich verliert mit 5,5 Punkten am geringsten und liegt nun bei minus 42,0 Punkten.

Die aktuelle wirtschaftliche Lage in Mittel- und Osteuropa wird im Oktober überwiegend neutral beurteilt. Eine klare Mehrheit der Finanzmarktexperten (81,4 Prozent) bewertet die aktuelle Wirtschaftslage in der CEE-Region als "normal". 13,9 Prozent der Analysten charakterisieren die Lage als "gut" und nur 4,7 Prozent bewerten sie als "schlecht". Im Oktober findet eine Verschiebung der Lageeinschätzung mehrheitlich von "gut" auf neutral für alle untersuchten CEE-Länder und für die CEE-Region insgesamt statt. Mit Ausnahme von Ungarn und Rumänien überwiegen weiterhin die positiven Antworten über die negativen und somit bleiben die Salden im positiven Bereich. Der Saldo, der die Einschätzung der aktuellen Lage für die Slowakei widerspiegelt, erreicht einen Wert von 25,0 Punkten. Damit erreicht die Slowakei weiterhin den Spitzenwert unter allen untersuchten Ländern. Der Saldo für Ungarn verzeichnet dagegen erneut den niedrigsten Wert (minus 25,7 Punkte).

Für Österreich verändert sich die Beurteilung der aktuellen wirtschaftlichen Lage (minus 4,0 Punkte gegenüber dem Vormonat) am geringsten. Die aktuelle konjunkturelle Lage in der Eurozone wird weiterhin am kritischsten bewertet. Der Saldo erreicht nach einem Rückgang von 16,8 Punkten einen Stand von minus 28,8 Punkten.

Für die nächsten sechs Monate erwarten die Experten, dass sich die Inflation in der CEE-Region verlangsamt. Der entsprechende Saldo verringert sich um 2,3 Punkte auf minus 61,4 Punkte. In der Tschechischen Republik, Ungarn und Polen erwarten über 70 Prozent der Umfrageteilnehmer einen weiteren Rückgang der Inflationsraten. Das Inflationsrisiko wird demnach in diesen drei Ländern am geringsten eingeschätzt. Auch für die Eurozone sinkt nach Ansicht der Analysten das Inflationsrisiko. Der Saldo geht um 20,0 Punkte auf minus 65,1 Punkte zurück.

Vor dem Hintergrund der EZB-Entscheidung, den Leitzins um 50 Basispunkte zu senken, steigt der Saldo für die kurzfristigen Zinsen in der Eurozone um 3,9 Punkte leicht an. 63,4 Prozent der Finanzmarktexperten gehen allerdings von einer erneuten Zinssenkung durch die EZB innerhalb der nächsten sechs Monate aus. Für die CEE-Länder erwarten die Experten bei den kurzfristigen Zinsen in den kommenden sechs Monaten ebenfalls einen Rückgang. Mit Ausnahme von Kroatien sind alle Salden stark negativ. Für Kroatien erwartet die Mehrheit der Analysten dagegen ein unverändertes Zinsniveau.

Ungeachtet der Turbulenzen auf den internationalen Aktienmärkten verändern sich die Erwartungen der Umfrageteilnehmer hinsichtlich der Entwicklung der Aktienindizes in den CEE-Ländern nur unwesentlich. Die Mehrheit der Umfrageteilnehmer erwartet auch im Oktober eine Verbesserung der Aktienkurse in der Region. Der Saldo für den CEE-Index (NTX) sinkt um 4,9 Punkte auf 38,9 Punkte. Auch der Saldo für den österreichischen Index (ATX) erreicht im Oktober nach einem leichten Rückgang von 1,1 Punkten einen Wert von 38,9 Punkten.

Die Wechselkurserwartungen der Finanzmarktexperten sind im Oktober unterschiedlich. Die Mehrheit der Teilnehmer (53,8 Prozent) prognostiziert eine Abwertung der Tschechischen Krone und der entsprechende Saldo erreicht den niedrigsten Wert (minus 40,9 Punkte) unter den analysierten Landeswährungen. Gleichzeitig wird eine Aufwertung des Polnischen Zloty als wahrscheinlich erachtet und der Saldo steigt entsprechend um 14,4 Punkte auf 16,7 Punkte. Die Erwartungen für Ungarn und Rumänien bieten kein eindeutiges Bild.

Im Rahmen der Sonderfrage im Oktober haben die Finanzmarktexperten verschiedene Maßnahmen zur Überwindung der Finanzkrise beurteilt. Die Mehrheit der Analysten (83 Prozent) hält die Rettungspakete der Regierungen für eine gute beziehungsweise sehr gute Lösung für die Liquiditäts- und Vertrauenskrise im Bankensektor. 68 Prozent der Experten sehen in einer zusätzlichen staatlichen Regulierung des Finanzbereichs eine sinnvolle Maßnahme, um die kritische Situation zu stabilisieren und künftige Krisen zu vermeiden. Ebenfalls 68 Prozent der befragten Analysten vertreten die Ansicht, dass besonders riskante Instrumente an den Finanzmärkten nicht länger zugelassen werden dürfen. Dagegen sind 56 Prozent der Analysten gegen ein generelles Verbot von Leerverkäufen. Für den Finanzsektor gehen die befragten Experten von einer weiteren Konzentration aus. Für wahrscheinlich oder sehr wahrscheinlich halten 91 Prozent der Experten eine solche Konzentration bei den US-amerikanischen Banken, 86 Prozent bei den europäischen und 50 Prozent bei den Finanzinstituten in der CEE-Region.

Ablauf der Umfrage und Methodologie

Der Finanzmarkttest CEE ist eine monatliche Umfrage unter Finanzmarktexperten, die das ZEW Mannheim mit Unterstützung der Ersten Group Bank AG, Wien, durchführt. Ziel der Umfrage ist es, Indikatoren für das allgemeine Konjunkturklima für die Region Mittel- und Osteuropa (CEE) sowie Österreich zu entwickeln. Zur CEE-Region zählen Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Ungarn, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei und Slowenien.

Im Einzelnen werden die Finanzmarktexperten nach der Beurteilung der aktuellen konjunkturellen Lage sowie nach ihren mittelfristigen Erwartungen für die entsprechenden Volkswirtschaften befragt sowie nach ihrer Einschätzung hinsichtlich der Entwicklung der Inflationsrate, der kurz- und langfristigen Zinsen, der Aktienkurse und der Wechselkurse auf die Sicht von sechs Monaten. Die Experten geben bei ihren Antworten qualitative Tendenzeinschätzungen bezüglich der Veränderungsrichtung ab. Bei den beurteilten Volkswirtschaften handelt es sich um die Regionen Mittel- und Osteuropa und den Euroraum sowie Tschechische Republik, Polen, Ungarn, Slowakei, Kroatien, Rumänien und Österreich.

Detaillierte Ergebnisse zu den einzelnen mittel- und osteuropäischen Staaten sowie zu Österreich enthält der "Financial Market Report CEE", der monatlich erscheint.

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Dr. Mariela Borell, Telefon: 0621/1235-144, E-Mail: borell@zew.de