Finanzkrise könnte der Konsolidierung des Bankensektors neuen Schub geben

Forschung

Seit Ausbruch der internationalen Finanzmarktkrise wächst der Einfluss des Staates im Finanzsektor. Vor allem nach dem Zusammenbruch der US-Investment-Bank Lehman Brothers im September 2008 haben die Regierungen weltweit ihren Zugriff auf Banken und Versicherungen verstärkt. Allein von Oktober 2008 bis März 2009 haben sie sich mit rund 200 Milliarden Euro an Investitionen im Finanzsektor beteiligt (siehe Abbildung). Dies zeigt eine Auswertung der weltweiten Beteiligungen und Übernahmen im Finanzsektor des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) und Bureau van Dijk Electronic Publishing (BvDEP).

Ausgerechnet in den Vereinigten Staaten, die als "Musterland des Kapitalismus" gelten, hat der Einfluss des Staates im Finanzsektor in den vergangenen Monaten deutlich zugenommen. Insgesamt hat sich die US-Regierung seit September 2008 an Banken und Versicherungen mit mehr als 142 Milliarden Euro beteiligt. Damit war die US-Regierung gemessen am Transaktionsvolumen seit 2007 an knapp 70 Prozent aller Staatstransaktionen weltweit beteiligt. Die größte Einzeltransaktion war die Beteiligung der US-Regierung am Finanzriesen AIG. Knapp 31 Milliarden Euro hat sie sich den Einstieg bei dem stark angeschlagenen Versicherungskonzern kosten lassen.

In allen anderen Ländern wurden im Vergleich dazu deutlich weniger Transaktionen mit staatlicher Beteiligung abgeschlossen. So waren westeuropäische Regierungen nur an 22 Prozent aller Transaktionen im Finanzmarkt ihrer Staaten beteiligt. Vor allem der niederländische und der belgische Staat haben sich stark engagiert. Die gemeinsame Rettungsaktion für den angeschlagenen Finanzkonzern Fortis hat Milliarden gekostet.
Die Krise könnte aber auch der Konsolidierung der Bankenlandschaft in Europa gehörigen Schub geben. In Großbritannien zum Beispiel wurde HBOS mittlerweile von Lloyds TSB übernommen. In Belgien hat sich der Staat von 75 Prozent seiner Anteile an Fortis getrennt und an die französische BNP Paribas verkauft. Damit steht eine Zerschlagung von Fortis unmittelbar bevor. In Deutschland steht eine Neuordnung bei den Landesbanken an. Damit könnte die Finanzmarktkrise die von vielen Experten für notwendig erachtete Konsolidierung des deutschen Bankensektors vorantreiben. "Im Ergebnis könnten die Kreditinstitute dadurch langfristig stärker und leistungsfähiger aus der Krise hervorgehen", sagt Matthias Köhler, Wissenschaftler im Forschungsbereich "Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement" am ZEW.

Ansprechpartner

Matthias Köhler, E-Mail: koehler@zew.de