Regionale versus individuelle Aspekte der digitalen Kluft: Eine empirische Analyse für Baden-Württemberg

Regionale versus individuelle Aspekte der digitalen Kluft: Eine empirische Analyse für Baden-Württemberg

In den vergangenen Jahren haben sich Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowohl in der Wirtschaft als auch im privaten Leben rasant verbreitet. Ein differenzierterer Blick auf die Tendenzen der IKT-Verbreitung verdeutlicht jedoch, dass nicht alle Bevölkerungsgruppen gleichermaßen an der Diffusion partizipieren. Beispielsweise ist der Anteil der Internetnutzer unter der Stadtbevölkerung weit größer als im ländlichen Raum. Darüber hinaus hängt die Internetnutzung von individuellen Charakteristiken ab, wie z.B. von Alter, Geschlecht und/oder Bildung. Diese Beobachtung prägte den Begriff der digitalen Kluft (Digital Divide), der beschreibt, dass der Zugang zu und die Nutzung von IKT von sozialen und regionalen Faktoren abhängt. Folge dieser digitalen Kluft ist die Benachteiligung der IKT-Nichtnutzer bei der digitalen Informationsbeschaffung, eine Entwicklung, die gerade durch den strukturellen Wandel hin zur Wissens- und Informationsgesellschaft nicht unterschätzt werden sollte.

Das Forschungsprojekt hat das Ziel, die digitale Kluft zwischen Computernutzern und -nichtnutzern sowie zwischen Internetnutzern und -nichtnutzern in Baden-Württemberg einer detaillierten empirischen Analyse zu unterziehen. Hierbei wurden insbesondere regionale Aspekte, aber auch individuelle Charakteristika berücksichtigt, um einen möglichst umfassenden Überblick über die Ursachen des Digital Divides in Baden-Württemberg zu erhalten. Vertieft wurden die Analysen durch Untersuchungen für ganz Deutschland. Für die Analysen wurden zwei umfangreiche Datensätze miteinander verbunden: das Sozio-ökonomische Panel (SOEP) und der INKAR-Datensatz. Dadurch lassen sich regionale Informationen den Individuen zuspielen.

Auf der Ebene von Kreisen können die Ergebnisse der multivariaten Analysen die Hypothese, dass eine geringere Einwohnerdichte mit einer geringeren Internetnutzungsrate einhergeht, nicht bestätigen. Vielmehr sind andere regionale Charakteristika, wie der Anteil an Ausländern und Hochqualifizierten sowie die regionale Arbeitslosenquote, von Bedeutung. Somit lässt sich schließen, dass nicht die Ländlichkeit einer Region Unterschiede in der Höhe der Internetnutzung erklären kann, sondern eher die unterschiedliche Verteilung individueller Charakteristika in der Bevölkerung von Stadt und Land.

Auf der Individualebene zeigt sich, dass die individuelle Zugangswahrscheinlichkeit insbesondere durch persönliche Charakteristika beeinflusst wird. Die Ergebnisse der ökonometrischen Schätzungen bestätigen die Resultate früherer Studien: Jüngere, besser ausgebildete und wohlhabendere Individuen haben eine höhere Wahrscheinlichkeit, das Internet zu nutzen. Zudem lassen sich deutlich positive Netzwerkeffekte beobachten. Das bedeutet, je mehr erfahrene Nutzer in der Region eines bisherigen Nichtnutzers leben, umso höher ist seine Nutzungswahrscheinlichkeit.

Politikmaßnahmen, die darauf abzielen, die digitale Kluft zu verringern, sollten daher vor allem Programme beinhalten, die die IT-Fähigkeiten von gering qualifizierten, arbeitslosen und älteren Personen verbessern. Da die Ergebnisse dieses Projekts zudem deutlich zeigen, wie wichtig Netzwerkeffekte für die Internet-Nutzungswahrscheinlichkeit sind, sollten erfahrene Internetnutzer in entsprechende Programme involviert werden, um ihr Wissen an bisherige Nichtnutzer weitergeben zu können.

Das Forschungsprojekt war Teil des Impulsprogramms doIT-regional, einer Initiative des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg zur Stärkung des Ländlichen Raums mit Hilfe von Informationstechnologien und Medien. Zusätzliche Informationen finden Sie unter: www.doit-regional.de

Veröffentlichungen

Die Ergebnisstudie liefert einen Überblick der im Rahmen des Projekts gewonnenen Erkenntnisse in deutscher Sprache:http://www.doit-regional.de/uploads/secure/mit_download/ZEW_Ergebnisstudie.pdf

Projektteam

Alexandra Spitz-Oener

Alexandra Spitz-Oener

Projektleitung
Research Associate

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