Zur Mega-Fusion im US-amerikanischen Luftverkehr: Hochzeit am Himmel – Effekte auf den Wettbewerb in der Luftverkehrsbranche

Nachgefragt

Die amerikanischen Luftfahrtunternehmen American Airlines und US Airways wollen sich zur weltgrößten Fluggesellschaft zusammenschließen. Juniorprofessor Dr. Kai Hüschelrath, Wettbewerbsökonom am ZEW, erläutert die Konsequenzen dieser Mega-Fusion.

Juniorprof. Dr. Kai Hüschelrath ist Leiter der Forschungsgruppe "Wettbewerb und Regulierung" am ZEW sowie Koordinator des Leibniz-WissenschaftsCampus "Mannheim Centre for Competition and Innovation (MaCCI)". Seit 2006 untersucht er am ZEW wettbewerbsökonomische Themen, zuletzt war er Senior Researcher im Forschungsbereich "Industrieökonomik und Internationale Unternehmensführung". Er ist Inhaber der Juniorprofessur für Industrieökonomik und Wettbewerbsstrategie an der WHU Otto Beisheim School of Management.

Die durch die Fusion von American Airlines und US Airways entstehende Fluggesellschaft wird nach Passagierzahlen die größte der Welt. Was bedeutet das für den Wettbewerb im Luftverkehr?

Aus wettbewerbsökonomischer Sicht sind bei horizontalen Fusionen immer zwei gegenläufige Effekte zu berücksichtigen. Einerseits führen solche Zusammenschlüsse unweigerlich zu einer Erhöhung der Marktkonzentration und stehen somit im Verdacht, den Wettbewerb zu reduzieren und Preiserhöhungen hervorzurufen. Andererseits können durch solche Fusionen Effizienzvorteile erzielt werden, die den Preissteigerungsanreizen entgegenwirken.

Welche Effekte werden beim Zusammengehen der beiden Airlines erwartungsgemäß dominieren?

Es ist schwierig, die Effizienzsteigerungspotenziale zu identifizieren und zu quantifizieren. Eine Abschätzung des   Einflusses auf den Wettbewerb durch eine Analyse auf Basis der einzelnen Streckenmärkte ist dagegen möglich. So wird eine Wettbewerbsbehörde beispielsweise untersuchen, auf welchen Streckenmärkten die fusionierenden Parteien derzeit im direkten Wettbewerb stehen und welche Folgen zu erwarten sind, wenn dieser Wettbewerb durch die Fusion geschwächt wird oder gar zum Erliegen kommt. Wenn es beispielsweise viele Streckenmärkte gibt, auf denen American und US Airways die beiden einzigen Wettbewerber sind, dann wird die Fusion mit einer größeren Wahrscheinlichkeit zu Preiserhöhungen führen als in Fällen in denen es entweder noch weitere Wettbewerber auf den entsprechenden Stecken gibt oder diese nach erfolgter Fusion mit großer Wahrscheinlichkeit in den Markt eintreten werden.

Welche Folgen hat die Fusion für den internationalen Wettbewerb und für die deutschen Fluglinien?

Obwohl ein Schwerpunkt der wettbewerbsökonomischen Analyse sicherlich auf dem inneramerikanischen Markt liegen wird, hat die geplante Transaktion zweifellos auch eine internationale Komponente. Beide Gesellschaften bieten eine Vielzahl an internationalen Flugverbindungen an und sind derzeit Mitglieder unterschiedlicher Luftverkehrsallianzen. Während US Airways seit 2004 Mitglied der Star Alliance ist, ist American Grünungsmitglied der oneworld Allianz. In der deutlich kleineren oneworld Allianz ist American die einzige US-amerikanische Fluggesellschaft, während die Star Alliance mit United Airlines über eine zweite große US-amerikanische Fluggesellschaft verfügt. Es ist zu bezweifeln, dass eine Luftverkehrsallianz ohne großen US-amerikanischen Partner langfristig überlebensfähig ist. Daher wäre es aus Wettbewerbsgründen wünschenswert, wenn sich die fusionierte American- US Airways der oneworld Allianz anschließen würde und auf diese Weise den internationalen Wettbewerb – nicht nur auf transatlantischen Strecken – erhalten oder sogar beleben würde.

Was heißt das ganz konkret?

Aus deutscher Sicht würde Air Berlin als Mitglied der oneworld Allianz von der Fusion dahingehend profitieren, dass sich die entsprechende Vielfalt an Streckenverbindungen und Flugoptionen erhöhen würde. Im Umkehrschluss würde Lufthansa kurzfristig durch den Wegfall eines Kooperationspartners an Konnektivität einbüßen; aufgrund des Verbleibs von United Airlines in der Star Alliance sind diese Effekte aber als eher klein und nur vorübergehend einzuschätzen.

Inwiefern wirkt sich die Fusion auf die großen Luftverkehrsdrehkreuze, die sogenannten Hubs, in den Vereinigten Staatenaus?

Die durch eine Fusion von zwei Fluggesellschaften anvisierten Effizienzvorteile können nur realisiert werden, wenn im Rahmen der Integration der beiden Unternehmen eine Reorganisation der Streckennetze erfolgt. Dies führt unweigerlich zu Änderungen in den Fluggastaufkommen an den entsprechenden Flughäfen und Drehkreuzen. Derzeit betreibt American Drehkreuze in Dallas, Chicago, Miami und New York (JFK), während US Airways Drehkreuze in Charlotte, Philadelphia und Phoenix hat. Die Hubs in Philadelphia und New York (JFK) weisen eine recht große geographische Nähe auf, sodass eine Zusammenlegung in Erwägung gezogen werden könnte. In eine solche Entscheidung müssen allerdings eine Vielzahl an weiteren Faktoren wie etwa die verfügbaren Flughafenkapazitäten einfließen, sodass hier ohne eine gründliche Analyse keine belastbare Einschätzung gegeben werden kann. Sollte es allerdings zur Aufgabe eines Drehkreuzes kommen, so sind erhebliche ökonomische Konsequenzen für die entsprechenden Flughäfen zu erwarten. Dies zeigt unter anderem die Auflösung des Trans World Airlines Hubs in St. Louis nach der Übernahme durch American im Jahre 2001. Dort sank die Anzahl der täglich durchgeführten Flüge von 800 auf etwas mehr als 200.

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