Studie zur Steuerbelastung: Unternehmenssteuern in Osteuropa sinken weiter

Forschung

Effektive Unternehmenssteuerbelastung in den EU-Beitrittsstaaten deutlich geringer als in Deutschland / Deutsche Unternehmen zahlen fast drei mal so hohe Steuern wie litauische Unternehmen / Investitionen in neuen EU-Mitgliedstaaten senken Steuerlast für deutsche Unternehmen deutlich.

Der Steuerwettbewerb zwischen alten und neuen EU-Mitgliedstaaten nimmt an Schärfe zu. Deutsche Unternehmen zahlen fast drei mal so hohe Steuern wie litauische Unternehmen und doppelt so hohe Steuern wie polnische oder ungarische Unternehmen. Das sind Ergebnisse einer gemeinsamen Studie des Steuerberatungsunternehmens Ernst & Young und des Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), die nun aktualisiert für das Jahr 2004 vorliegt. Die Studie vergleicht die effektive Steuerbelastung deutscher Kapitalgesellschaften mit der Steuerbelastung vergleichbarer Unternehmen in den EU-Beitrittsländern. In den Vergleich fließen sämtliche Steuerarten, die Bemessungsgrundlagen und die Steuertarife ein.

Zwar ist die Steuerbelastung von Unternehmen in Deutschland 2004 im Vergleich zum Vorjahr leicht von 37 auf 36 Prozent gesunken. In den neuen EU-Mitgliedstaaten liegt sie aber deutlich niedriger: in Ungarn und Polen bei 18 Prozent, in Lettland bei 14 Prozent und in Litauen sogar nur bei 13 Prozent. In fünf der zehn Beitrittsländer ist die effektive Steuerbelastung der Unternehmen im Vergleich zum Vorjahr weiter gesunken (Litauen, Lettland, Ungarn, Slowakei und Polen).

"Das Steuergefälle innerhalb der EU vergrößert sich weiter", sagt Matthias Roche, Partner bei Ernst & Young. "Der Standortwettbewerb innerhalb der EU ist voll entbrannt, und Deutschland gerät zunehmend ins Hintertreffen", so Roche weiter.

Einige Beitrittsländer haben für die kommenden Jahre weitere Steuersenkungen angekündigt. Wenn diese Maßnahmen in Kraft treten, wird die Steuerbelastung für Unternehmen in diesen Ländern zum Teil noch einmal deutlich sinken. Die effektive Unternehmenssteuerbelastung in Tschechien, Estland und Zypern wird dann bei 21,2 Prozent, 17,3 Prozent und 9,8 Prozent liegen. Damit wird Zypern das erste EU-Land mit einer effektiven Unternehmensteuerbelastung von unter 10 Prozent sein.

"Die Unterschiede bei der Unternehmensbesteuerung innerhalb der EU nehmen weiter zu und werden damit zu einem echten Problem für die Mitgliedstaten. Deshalb sollte der deutsche Gesetzgeber seine Bemühungen zur Absenkung der Unternehmenssteuern in Deutschland fortsetzen. Aber Auch die EU ist gut beraten, wenn sie ihre Initiativen um eine Angleichung der nationalen Steuersysteme verstärkt", sagt Christoph Spengel, Professor an der Universität Gießen und am ZEW.

Deutsche Unternehmen profitieren von Tätigkeit in Beitrittsländern
Auch deutsche Unternehmen können von der niedrigeren Steuerbelastung in den Beitrittsländern profitieren, wenn sie mit Tochtergesellschaften vor Ort vertreten sind. So beträgt die Gesamtsteuerbelastung eines deutschen Unternehmens, das in Litauen über eine Tochtergesellschaft tätig ist, im Rahmen dieser Geschäftstätigkeit effektiv derzeit nur 15 Prozent. In der Slowakei liegt die Steuerbelastung für ein deutsches Unternehmen bei knapp 19 Prozent, in Polen und Ungarn bei etwa 20 Prozent.

"Ein deutsches Unternehmen, das beispielsweise in Polen produziert, hat deutliche Wettbewerbsvorteile: Neben niedrigeren Löhnen profitiert es auch von der erheblich niedrigeren Steuerbelastung", erläutert Roche.

Download der Studie

Zur Studie:
Die vom ZEW und Ernst & Young durchgeführten Berechnungen basieren auf einem Modell, das wissenschaftlich anerkannt ist und beispielsweise auch von der OECD und der Europäischen Kommission genutzt wird, um die effektiven Steuerbelastungen von Unternehmen zu errechnen. Die Ergebnisse der Studie gehen in ihrer Aussagekraft deutlich über die sonst üblichen Vergleiche der tariflichen Steuersätze hinaus und beziehen weitere wichtige Faktoren wie die Vorschriften zur Ermittlung der Bemessungsgrundlagen und sämtliche relevanten Steuerarten mit ein. Die Berechnungen basieren auf Grundannahmen für ein "Musterunternehmen", das in der Rechtsform der Kapitalgesellschaft geführt wird und Investitionen in Gebäude, Maschinen, immaterielle Werte, Vorräte und Finanzanlagen tätigt. Die Finanzierung erfolgt durch Beteiligungskapital, einbehaltene Gewinne oder Darlehen.