EU Energie- und Klimapaket - Höhere Kosten sind absehbar

Nachgefragt

In der zweiten Ausgabe der Reihe "Nachgefragt" erläutert Dr. Andreas Löschel, Leiter des Forschungsbereichs "Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement" am ZEW, welche Kosten auf Unternehmen und Haushalte durch das neue EU Energie- und Klimapaket zukommen. Das aktuelle Energie- und Klimapaket der Europäischen Union (EU) will das EU-Emissionshandelsystem weiterentwickeln. So soll der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase in der EU weiter reduziert werden. Angestrebt wird bis zum Jahr 2020 eine Verminderung um 20 Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990. Neu ist, dass nach dem Jahr 2012 die kostenfreie Zuteilung von Verschmutzungsrechten weitgehend durch deren Versteigerung ersetzt werden soll. Ferner soll im Rahmen des EU Energie- und Klimapakets ein Zertifikatehandel für Energie aus nicht fossilen Energiequellen eingeführt werden, um deren Anteil am Energieverbrauch bis 2020 EU-weit auf 20 Prozent zu erhöhen.

Dr. Andreas Löschel, Jahrgang 1971, promovierte nach dem Studium der  Volkswirtschaftslehre 2003 an der Universität Mannheim. Seit 1999 am ZEW tätig, leitet er seit 2007 den Forschungsbereich "Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement" mit derzeit 19 Mitarbeitern. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Energiepolitik, die Ökonomie des Klimawandels und Fragen der Ausgestaltung von umwelt- und wirtschaftspolitischen Instrumenten. Löschel berät unter anderem das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, die Europäische Kommission sowie das Europäische Parlament. Als Delegierter der EU nahm Löschel an der Weltklimakonferenz in Bali, Indonesien teil. Er erreichte im Handelsblatt-Ökonomen-Ranking 2007 die beste Platzierung im Fachgebiet Umweltökonomie bei den Wissenschaftlern unter 40 Jahren.

Wie werden sich die geplanten Neuerungen beim EU-Emissionshandelssystem auswirken?

Die ambitionierten Klimaschutzziele werden nicht nur zusätzliche Kosten für die Unternehmen im EU-Emissionshandelssystem verursachen, sondern alle Bereiche in den Volkswirtschaften der Mitgliedsstaaten treffen. Simulationsrechnungen des ZEW für die EU zeigen, dass die Kosten EU-weit bei weniger als einem Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen werden. Das scheint tragbar. Allerdings werden einige Mitgliedstaaten und etliche energieintensive Sektoren weit stärker belastet. Da außerhalb der EU bisher kaum stringente Klimapolitik betrieben wird, werden einige Bereiche der chemischen Industrie, die Aluminium- und Stahlerzeuger, sowie die Papier- und Zementindustrie, an internationaler Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Die Produktion wird in diesen Industriebereichen um bis zu acht Prozent zurück gehen.

Welche Maßnahmen müssen in der EU ergriffen werden, um diese Wettbewerbsnachteile auszugleichen?

Kritisch wird es, wenn energieintensive Industrien ins Ausland abwandern. Dann gehen Arbeitsplätze verloren. Für das Klima ist aber nichts gewonnen. Sollten in den laufenden internationalen Klimaverhandlungen keine weitreichenden Reduktionsziele für die Hauptkonkurrenten der EU durchgesetzt werden, sieht die EU für energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, besondere Regelungen vor. Denkbar wären etwa eine verstärkte freie Zuteilung von Zertifikaten, der Abschluss sektoraler Abkommen, Zölle auf den CO2-Anteil von Importwaren oder die Verpflichtung für Importeure, Zertifikate für ihre Produkte zu erwerben. Importzölle bergen allerdings die Gefahr von Handelskriegen. Eine Maßnahme zum Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen, die kaum genannt wird, ist die verstärkte Nutzung von kostengünstigen Emissionsreduktionen im Ausland.

Was bedeutet der geplante Zertifikatehandel für Energie aus erneuerbaren Energiequellen für die EU?

Mit dem Zertifikatehandel für erneuerbare Energiequellen will die EU über den CO2-Emissionshandel hinaus stärkere Anreize für die Nutzung erneuerbarer Energien geben. Die Ziele in den Mitgliedstaaten basieren jedoch auf dem Status Quo und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, nicht aber auf den sehr unterschiedlichen Potenzialen für die Nutzung erneuerbarer Energien. Wenn es jetzt keinen funktionierenden Mechanismus zum Ausgleich der Preise für so genannte Herkunftsnachweise gibt, dann wird diese zusätzliche Förderung besonders teuer. Spannend wird, welcher der Kommissionsvorschläge realisiert wird: Handel zwischen Unternehmen oder Handel zwischen Staaten, bei dem zwar das deutsche Energieeinspeisegesetz weiter bestehen kann, der aber Gefahr läuft, eher den Charakter von politischen Verhandlungen als den eines Marktes anzunehmen.

Stehen Aufwand und Nutzen des EU Pakets in einem ausgewogenen Verhältnis?

Insgesamt wissen wir über den Nutzen der Klimapolitik weniger als über deren Kosten. Der Stern-Report versuchte erstmals, die Kosten und den Nutzen von Klimapolitik in Beziehung zu setzen und zeigte, dass ambitionierte Klimapolitik ökonomisch sinnvoll ist. Der Report wurde von politischer Seite bejubelt, wissenschaftlich aber kritisiert. Dennoch befürworten auch die meisten Kritiker eine aktive Klimapolitik. Diese kann jedoch nicht alleine von der EU geleistet werden.