Mehr Unternehmensschließungen als Gründungen in 2022

Forschung

Deutliche Zunahme von Schließungen im Verarbeitenden Gewerbe und bei innovativen Branchen

Der Bericht der Unternehmensschließungen 2022 zeigt, dass es mehr Schließungen und weniger Gründungen durch die Wirtschaftskrise gab.

Das letzte Jahr war bestimmt von der Wirtschaftskrise, die durch den Ukraine-Krieg ausgelöst wurde. Das führte dazu, dass die Gründungsinitiativen deutlich abnahmen. Jetzt zeigt sich: Auch die Schließungen haben zugenommen – allerdings nur leicht um 0,3 Prozent. Bemerkenswert für die Unternehmenslandschaft in Deutschland ist die Tatsache, dass zum ersten Mal seit 2019 die Anzahl der Unternehmensschließungen wieder die der Gründungen übersteigt. Das zeigt eine gemeinsame Untersuchung von Creditreform und ZEW Mannheim, basierend auf dem Mannheimer Unternehmenspanel (MUP).

Der Unternehmensbestand in Deutschland ist damit kleiner geworden. Die Anzahl geschlossener Unternehmen  lag 2022 bei rund 154.000 Fällen, die Zahl der Neugründungen bei nur 148.000 Einheiten. Im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld ist der Mut für Unternehmensgründungen geringer. Insgesamt sind aktuell rund 3 Mio. Unternehmen in Deutschland tätig.

Industrie leidet unter hohen Energiepreisen

Im Verarbeitenden Gewerbe gab es im Jahr 2022 deutlich mehr Schließungen als Gründungen.

Die verschiedenen Wirtschaftsbereiche zeigen ein unterschiedliches Schließungsverhalten bezogen auf die Zahl der existierenden Betriebe der Branche. Das Verarbeitende Gewerbe erlebte den stärksten Rückgang, weil hier relativ viele Schließungen einem dürftigen Gründungsgeschehen gegenüberstanden. Über 9.000 Industrieunternehmen sind geschlossen worden. „Das betrifft vor allem energieintensive Bereiche wie die Metallerzeugung und -verarbeitung oder die Chemie und den Maschinenbau. Die enormen Preissteigerungen beim Bezug von Energie haben hier wohl eine Rolle bei der Entscheidung gespielt, die Unternehmen zu schließen“, erläutert Dr. Sandra Gottschalk, Senior Researcher im ZEW-Forschungsbereich „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“.

Die Entwicklungen im Fahrzeugbau und in der Bauwirtschaft zeigen jedoch, dass gesamtwirtschaftliche Herausforderungen nicht zwingend zu Schließungen führen müssen. Der Fahrzeugbau kann auf rückläufige Schließungszahlen verweisen und auch die Baubranche zeigt sich bisher unverdrossen, trotz der Probleme durch hohe Kreditzinsen, gestiegene Kosten im Einkauf und  fallende Baugenehmigungen. Insgesamt schwankt die Schließungsrate 2022 – also die Anzahl der Schließungen pro Unternehmensbestand – zwischen 2,4 und 5,0 Prozent des jeweiligen Wirtschaftsbereiches.

Der Einbruch war – bisher – in der Finanzkrise größer

Verglichen mit dem Jahr 2008/09, als in Deutschland ebenfalls eine Wirtschaftskrise bestand, liegen die Schließungen bei 2021/22 bei 0,3 Prozent anstelle von 13 Prozent.

Creditreform und ZEW vergleichen die aktuellen Schließungszahlen mit der Situation im Jahr 2009, als sich ebenfalls eine weltweite Wirtschaftskrise im Bestand und in der Erneuerung der Unternehmenslandschaft manifestierte. Dabei zeigen sich markante Unterschiede. Den 0,3 Prozent Schließungen im Jahr 2021/22 stehen in 2008/09 Steigerungen von 13 Prozent gegenüber. Während in der aktuellen Krise manche Sektoren sogar eine Abnahme bei den Schließungen vorweisen können – etwa Fahrzeugbau oder Energieversorger – waren damals gerade zukunftsentscheidende Wirtschaftsbereiche besonders von Schließungen betroffen. Der Hightech-Bereich des Verarbeitenden Gewerbes mit 22 Prozent, aber auch technologieintensive Dienstleistungen mit 16 Prozent gaben auf. Die Zahlen liegen aktuell bei 7,2 bzw. 2,7 Prozent.

Was bedeutet Schließung?

Für die Untersuchung wurden drei Formen der Schließung identifiziert: zunächst Insolvenzen, dann Geschäftsaufgaben im Zusammenhang mit Abmeldungen (etwa der Löschung im Handelsregister) und schließlich die Einstellung der wirtschaftlichen Aktivität. Ein Unternehmen gilt dann als nicht mehr wirtschaftsaktiv, wenn in einem Zeitraum von drei Jahren kein Geschäftsverkehr mehr stattgefunden hat. Dabei bleibt allerdings festzuhalten, dass gerade Mikrobetriebe durchaus – und dies gerade in der aktuellen Krise – ihre Aktivitäten nur zeitweilig aufgeben und sie später wieder aufnehmen. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass im längeren Zeitraum von 2009 bis 2023 die Schließungen durch eine Insolvenzanmeldung stärker gesunken sind als die mehr oder weniger freiwilligen Aufgaben der unternehmerischen Tätigkeit. Zwischen 2017 und 2022 betrug der Anteil der Insolvenzen an den Schließungen 13 Prozent, zwischen 2003 und 2009 waren es im Mittel noch 18 Prozent. „Das zeigt, dass eben nicht nur wirtschaftliche Gründe, die im Extremfall bis zur Insolvenz führen, eine Rolle spielen. Auch private Aspekte, etwa die vergebliche Suche nach einem Nachfolger, schlagen sich bei den Schließungen nieder“, so Gottschalk.

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