Fusionen und Übernahmen in Europas Bankensektor stagnieren

Forschung

Das M&A-Geschäft im europäischen Bankensektor stagniert bis heute weit unter dem Niveau vor Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007.

Das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, M&A) im europäischen Bankensektor stagniert bis heute weit unter dem Niveau vor Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007. Wurden in den Jahren 2006 und 2007 noch M&A im Gesamtwert von 116 Milliarden Euro sowie 91 Milliarden Euro angestoßen, ist das Transaktionsvolumen inzwischen auf einen Wert von drei Milliarden Euro im Jahr 2017 eingebrochen. Zu diesem Ergebnis kommen aktuelle Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, auf Basis der Zephyr-Datenbank von Bureau van Dijk.

Länderübergreifende Transaktionen innerhalb der Europäischen Union sind fast vollständig zum Erliegen gekommen: Der Anteil fiel von knapp 25 Prozent im Jahr 2007 auf jährlich unter zehn Prozent seit 2010. Der Großteil der Transaktionen besteht derzeit aus Zusammenschlüssen zwischen kleineren, regionalen Banken auf nationaler Ebene.

„Selbst Großbanken konzentrieren sich in ihrer Geschäftstätigkeit oft auf den Heimatmarkt und sind nur eingeschränkt in anderen Ländern der EU tätig“, sagt Lea Steinrücke, Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich „Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement“. Neben Effizienzverlusten wirkt sich diese Entwicklung negativ auf das Funktionieren des Binnenmarkts aus, da Kapitalflüsse zwischen verschiedenen EU-Ländern und die Streuung makroökonomischer Risiken deutlich beeinträchtigt werden. „Daher ermuntern die Regulierer europäische Banken verstärkt zu länderübergreifenden M&A – offensichtlich bisher ohne großen Erfolg“, sagt Steinrücke.

Rechtliche Unterschiede und Unklarheiten bremsen M&A-Geschäft

Ein Hindernis für länderübergreifende M&A ist die unvollständige Harmonisierung der regulatorischen und aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen in der EU. Zwar sind die Bankenunion und die Einführung eines einheitlichen Regelwerks („Single Rulebook“) ein wichtiger Schritt zur Vereinfachung des transnationalen Bankgeschäfts sowie zur Schaffung eines einheitlichen Bankenmarkts. Regulatorische und aufsichtsrechtliche Unterschiede zwischen EU-Ländern bestehen allerdings weiterhin. Hinzu kommen Unklarheiten in der Auslegung neuer EU-Regeln zur Abwicklung multinationaler Banken, Unterschiede im Insolvenzrecht und das Fehlen einer europaweiten Einlagensicherung.

„Alles in allem ist es zweifelhaft, ob es in naher Zukunft zu einer Belebung des M&A-Geschäfts im EU-Bankensektor kommen wird. Daran dürfte auch die Einführung der Bankenunion und die geringe Profitabilität des Sektors so schnell nichts ändern“, fasst Lea Steinrücke zusammen.

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Lea Steinrücke, Telefon 0621/1235-311, E-Mail lea.steinruecke@zew.de