Finanzkrise könnte dauerhaften Rückzug deutscher Banken aus Teilen des Auslandsgeschäfts zur Folge haben

Forschung

Die Auslandsgeschäfte deutscher Banken sind seit Beginn der Finanzkrise stark zurückgegangen: Allein von 2008 bis 2009 nahmen die internationalen Vermögenswerte (Aktiva) großer deutscher Banken um 20 Prozent ab, nachdem sie zwischen 2002 und 2007 im Schnitt um acht Prozent jährlich zugenommen hatten. Gründe hierfür sind direkte Politikinterventionen am deutschen Bankenmarkt, ein sich änderndes internationales Regulierungsumfeld sowie eine veränderte Risikowahrnehmung und -einstellung der Banken. Dass der teilweise Rückzug der deutschen Banken aus dem internationalen Geschäft in bestimmten Bereichen dauerhaft sein kann, zeigt eine aktuelle Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, in Zusammenarbeit mit dem Institut für Wirtschaftsforschung Halle und dem Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung, Tübingen.

Die Wissenschaftler untersuchen in ihrer Studie die Internationalisierungsaktivitäten der 92 größten deutschen Bankenholdings und ihrer ausländischen Töchter und Filialen vor und während der Krise. Die Daten für die Untersuchung umfassen die Jahre 2002 bis 2011 und entstammen dem Datensatz "Auslandsstatus deutscher Banken" der Deutschen Bundesbank.

Um im Ausland aktiv zu werden, können deutsche Banken entweder direkt aus Deutschland heraus Kredite ins Ausland vergeben oder dies indirekt über im Ausland ansässige Töchter oder Filialen tun. Am deutlichsten wird der Rückgang der Auslandsaktivitäten deutscher Banken am Rückgang der direkt gehaltenen Vermögenswerte im Ausland: Nach einem kontinuierlichen Anstieg von 2002 bis 2008 nahmen diese zwischen 2008 und 2011 um 21 Prozent ab. Zwischen 2002 und 2011 verminderte sich die Anzahl ausländischer Töchter deutscher Banken um mehr als 55 Prozent; 25 Prozent der betrachteten 92 Banken zogen sich aus dem Auslandsgeschäft über Tochterbanken sogar völlig zurück. Die Anzahl ausländischer Filialen deutscher Banken stieg zwar zwischen 2002 und 2008 um durchschnittlich zwei Prozent im Jahr, sackte anschließend jedoch innerhalb eines Jahres um sieben Prozent ab und blieb auf diesem Niveau bis 2011 stabil. Die Anzahl der über ausländische Filialen aktiven Banken änderte sich - anders als bei den Töchtern - zwischen 2002 und 2011 kaum.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich deutsche Banken mit großer Wahrscheinlichkeit längerfristig aus dem Auslandsgeschäft über Tochterbanken zurückgezogen haben. Hingegen betrachten sie die Rückgänge im Auslandsgeschäft über Filialen ebenso wie die Rückgänge im direkten Auslandsgeschäft als von eher vorübergehender Natur.

Was den Rückgang des Auslandsgeschäfts deutscher Banken - also die Schließung ausländischer Töchter oder Filialen und die Verringerung der direkten Auslandsaktiva - ausgelöst haben könnte, untersuchen die Wissenschaftler anhand eines ökonometrischen Modells. Sie identifizieren drei wesentliche Ursachen hierfür.

Erstens haben Politikinterventionen zum rückläufigen Auslandsgeschäft deutscher Banken beigetragen. Im Schnitt verringerten die Banken, die während der Krise Staatshilfen des Bundes und der Länder in Anspruch genommen haben, ihre Auslandsaktivitäten stärker als solche, die keine Hilfen benötigten, da sie teilweise gezwungen wurden ihr Auslandsgeschäft zu konsolidieren oder sogar ausländische Tochterbanken zu schließen. Im Ausland wiederum führten Regulierungsmaßnahmen in den Sitzländern der ausländischen Töchter oder Filialen, etwa Begrenzungen der Beleihungsquote, zum Rückgang des Auslandsgeschäfts deutscher Banken. Da ausländische Tochterbanken, anders als Auslandsfilialen, nach dem Sitzlandprinzip reguliert werden, haben etliche Banken auch in Reaktion darauf ausländische Töchter geschlossen, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass dieser Teil des Auslandsgeschäfts dauerhaft entfällt.

Zweitens haben Banken, die sich vor allem über den Interbankenmarkt refinanzieren, höhere Auslandsaktiva. Andauernde schwierige Refinanzierungsbedingungen haben also einen bleibenden Einfluss auf die künftigen Internationalisierungsstrategien deutscher Banken. Sollte die derzeitige Re-Regulierung der Banken die Marktstrukturen nachhaltig verändern, ist es wahrscheinlich, dass der Rückgang des Auslandsgeschäfts deutscher Banken von Dauer sein könnte.

Drittens tragen auch eine sich ändernde Risikowahrnehmung und -einstellung, ein sich änderndes Regulierungsumfeld sowie eine höhere Sensibilität der Banken bezüglich internationaler Finanzmarktfriktionen, etwa Transaktions- oder Informationskosten, zum verringerten Auslandsgeschäft deutscher Banken bei.

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