Keine Konjunktur für Architektur- und Planungsdienstleistungen

Forschung

Architekten und technische Planer gehen schweren Zeiten entgegen. Die konjunkturelle Situation hat sich im Winterquartal 1997 weiter merklich verschlechtert. Fast alle Konjunkturindikatoren haben sich sowohl gegenüber dem Vorjahres- als auch gegenüber dem Vorquartal deutlich verschlechtert. Diese Ergebnisse gehen aus einer repräsentativen Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, und des Verbands der Vereine CREDITREFORM, Neuss, hervor. Seit Juni 1994 befragen ZEW und CREDITREFORM vierteljährlich 1000 Unternehmen aus dem Wirtschaftszweig unternehmensnahe Dienstleistungen. Darunter befinden sich auch 225 Architekten und technische Planer.

Wegbrechende Nachfrage

Ursache für das Tief ist die schwache Nachfrage nach Architektur- und Planungsdienstleistungen. Die Aussichten auf eine nachhaltige Verbesserung der Nachfragesituation sind schlecht. Das deutsche Baugewerbe steckt nicht nur in einer konjunkturellen sondern auch in einer tiefen strukturellen Krise. Größere Nachfrageimpulse werden daher auch mittelfristig nicht vom Baugewerbe ausgehen. Erschwerend kommt nun auch hinzu, dass immer mehr Städte und Gemeinden Planungsdienstleistungen durch scheinprivatisierte öffentliche Unternehmen erstellen lassen. Nach einer Befragung des Verbands beratender Ingenieure sehen 43,5 Prozent der technischen Planer und Berater ihre Existenz durch solche Unternehmen bedroht. Seit Beginn der ZEW/CREDITREFORM-Umfrage im Sommer 1994 hat sich die Nachfrage nach Architekturdienstleistungen fortwährend verschlechtert. Im letzten Quartal 1997 ist die Beurteilung der Nachfragesituation und der Nachfrageerwartung so schlecht wie niemals zuvor. Auch die technische Planer vermelden die schlechtesten Nachfragezahlen seit Beginn der ZEW/CREDITREFORM-Umfrage vermeldet. Immerhin können sie zwischen Herbst 1996 und Sommer 1997 ein kleines Zwischenhoch verbuchen. Die schwache Nachfrage spiegelt sich in den Beurteilungen der Umsatz-, Ertrags- und Personalsituation wieder. Keine andere Branche des Wirtschaftszweiges unternehmensnahe Dienstleistungen schätzt ihre konjunkturelle Lage so negativ ein wie Architekten und technische Planer. Im Zuge der wegbrechenden Nachfrage hat sich hat sich im Winterquartal 1997 auch die Personalsituation bei Architekten und technischen Planern dramatisch verschlechtert. Ein Teil dieses konjunkturellen Einbruchs bei Architekten und technischen Beratern mag saisonal bedingt sein. Doch auch saisonbereinigte Daten und Vergleiche mit dem Vorjahresquartal zeigen, dass sich die Lage dramatisch zugespitzt hat. Ganz besonders gilt dies auch für ostdeutsche Unternehmen.

Anpassung an Nachfrageschwankungen

Die hohe Abhängigkeit der Architekten und technischen Planer vom sehr konjunktur- und saisonabhängen Baugewerbe macht sie anfällig gegenüber Nachfrageschwankungen. Die Fähigkeit, sich auf solche Nachfrageschwankungen einstellen zu können, ist für Architekten und technische Planer daher überlebenswichtig. Tatsächlich gibt jeweils die Hälfte der Architekten und technischen Planern in der ZEW/CREDITREFORM-Umfrage an, starken oder sehr starken Nachfrageschwankungen ausgesetzt zu sein. Im Wirtschafszweig unternehmensnahe Dienstleistungen sind es demgegenüber nur rund 40 Prozent der befragten Firmen. Architekten und technische Planer richten ihre Kapazitäten dabei vor allem an der durchschnittlichen Nachfrage im Jahresverlauf aus.

Flexibilisierung der Arbeitszeiten

Da der entscheidende Inputfaktor bei der Erstellung von Architektur- und Planungsdienstleistungen Arbeit ist, verwundert es nicht, dass Architekten und technische Planer vor allem Überstunden und Kurzarbeit zum Ausgleich von Nachfrageschwankungen einsetzen. Architekten setzen außerdem sehr stark auf neue Technologien, technische Planer auf die Vergabe von Unteraufträgen an Dritte. Beide Branchen sehen die Weiterbildung von Mitarbeitern und den Einsatz von freien Mitarbeitern als ein geeignetes Mittel zur Anpassung an Nachfrageschwankungen an. Die Ergebnisse der ZEW/CREDITREFORM-Umfrage zeigen auf, dass moderne Formen der Arbeitszeitflexibilsierung gerade für Architekten und technische Berater bedeutender werden. So werden Architekten und technische Berater zukünftig wesentlich häufiger freie Mitarbeiter und befristete Arbeitsverträge einsetzen als das heute der Fall ist. Auch damit heben sich diese beiden Branchen vom Wirtschaftszweig unternehmensnahe Dienstleister an. All dies deutet darauf hin, dass sich Architekten und technische Planer in Zeiten schlechter Konjunktur nicht langfristig binden möchten. Insofern spielen sie bei der Flexibilisierung der Arbeitsmärkte eine Vorreiterrolle.

Geringfügige Beschäftigung ohne Bedeutung

Völlig ungeeignet erscheint Architekten und technischen Planern hingegen der Einsatz von geringfügigen Beschäftigten. Dies steht im Gegensatz zu den übrigen Branchen des Wirtschaftszweiges unternehmensnahe Dienstleistungen. Gemäß derZEW/CREDITREFORM-Umfrage spielen Jobs unterhalb der Sozialversicherungsfreigrenze dann eine Rolle, wenn ein Unternehmen von starken saisonalen und konjunkturellen Nachfrageschwankungen betroffen ist. Ein Grund für die geringe Bedeutung der 610 DM-Jobs bei Architekten und technischen Planern ist, dass in diesen beiden Branchen vor allem hochqualifiziertes Personal gefragt ist. Mit 3,9 bzw. 1,7 geringfügig Beschäftigten pro 100 Mitarbeitern gibt es bei den Architekten und technischen Planern im Vergleich zum Bundesdurchschnitt vergleichsweise wenige geringfügige Beschäftigte. Die Zahlen für die Bundesrepublik schwanken je nach Quelle erheblich. So kommt das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung, Nürnberg z.B. auf einen Anteil von 11 Prozent der geringfügig Beschäftigten an den Erwerbstätigen in Unternehmen. Das Statistische Bundesamt mit seinem Mikrozensus hingegen kommt auf einen Anteil von fünf Prozent geringfügiger Beschäftigter in Unternehmen und Haushalten. Nach allen bekannten Schätzungen liegt der Anteil der geringfügig Beschäftigen bei Architekten und technischen Planern jedoch unter dem Bundesdurchschnitt. Im Wirtschaftszweig unternehmensnahe Dienstleistungen haben durchschnittlich 3,5 Prozent der Beschäftigten einen Job unterhalb der Sozialversicherungsfreigrenze. Die technischen Planer und Berater liegen damit deutlich unter diesem Durchschnitt während die Architekten ihn fast genau treffen. In Branchen wie im Architekturgewerbe und den technischen Planern, in denen qualifiziertes Personal gefragt ist, spielt die geringfügige Beschäftigung also eine eher untergeordnete Rolle.

Ansprechpartner

Prof. Dr. Ulrich Kaiser, Telefon: 0621/1235-134, E-Mail: kaiser@zew.de