Ende September 2012 referierte Dr. Marcel Fratzscher im Rahmen des ZEW Research Seminars. Fratzscher diskutierte die Ergebnisse seiner Studie zu den globalen Auswirkungen der geldpolitischen Maßnahmen der US-amerikanischen Notenbank Federal Reserve (Fed).

Die Maßnahmen der Fed ließen sich ab dem Jahr 2008 bis heute in drei Phasen einteilen, sagte Fratzscher zu Beginn seines Vortrags. QE1, QE2 und QE3 stünden für Phasen der monetäre Lockerung ("quantitative easing"), welche sich insbesondere durch den Ankauf von Staatsanleihen auszeichneten. Fratzscher betrachtete die ersten beiden Phasen und die damit zusammenhängenden Auswirkungen der Geldpolitik der amerikanischen Notenbank auf andere Länder. QE1 und QE2 seien ab Ende des Jahres 2008, und damit in der frühen Phase der Finanzkrise, besonders wirksam bei der Senkung der Renditen von Staatsanleihen sowie bei der Stärkung globaler Aktienmärkte gewesen, sagte Fratzscher.

Pro- und antizyklische Effekte

Allerdings wirke die Geldpolitik der Fed prozyklisch bei den Kapitalströmen in Schwellenländern und antizyklisch für die Vereinigten Staaten. Dies habe in der Zeit des QE1-Programms zur Folge gehabt, dass sich eine Anpassung der Ländergewichte in den Portfolios der Anleger zulasten der Schwellenmärkte und hin zu amerikanischen Aktien- und Anleihefonds entwickelte. QE1 habe dazu geführt, dass Kapital aus Schwellenländern und anderen Industrieländern abgezogen wurde und in die Vereinigten Staaten zurückgeflossen sei, sagte Fratzscher. Dies habe die Inflation wie auch die Wechselkurse in den Schwellenländern in die Höhe getrieben. Folglich habe die Geldpolitik der Fed die Wettbewerbsfähigkeit dieser Länder gemindert sowie Handel und Wachstum gebremst. Das QE2-Programm zeige dagegen eine entgegengesetzte Entwicklung, erläuterte Fratzscher. Seit August 2010 werde Kapital in die Schwellenländer investiert.

Ankündigungen haben weniger Gewicht

Fratzscher unterschied ferner zwischen den Auswirkungen der geldpolitischen Ankündigungen der Fed und den tatsächlichen Operationen. "Die Auswirkungen von Fed-Operationen, wie der Ankauf von Staatsanleihen oder von gesicherten Wertpapieren, waren auf die Portfolioallokation und die Vermögenswerte bei weitem größer als die Auswirkungen der bloßen Ankündigungen", sagte Fratzscher. Diese Beobachtung unterstreiche daher die große Bedeutung der Markteingriffe und die Liquiditätsfunktion der Fed. "Wir können außerdem keine systematischen Belege dafür finden, dass wechselkurspolitische und geldpolitische Entscheidungen der betroffenen Länder anderen Ländern dabei behilflich gewesen wären, sich gegen Übertragungseffekte der US-Politiken abzuschirmen", sagte Fratzscher, "Die Portfolioanpassungen der Investoren reagieren eher auf länderspezifische Risiken." Die Ergebnisse veranschaulichten daher, inwieweit die Geldpolitik der US-Notenbank seit dem Jahr 2008 sowohl zu einer Portfolioreallokation als auch zu einer Neubewertung von Risiken an den globalen Finanzmärkten beigetragen habe.

Dr. Marcel Fratzscher ist derzeit Leiter der Abteilung "International Policy Analysis" der Europäischen Zentralbank. Im September 2012 wurde er vom Kuratorium des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zum neuen Vorsitzenden des Vorstands gewählt. Die Leitung des DIW wird er voraussichtlich im Februar 2013 übernehmen.