Konjunkturexperten erwarten noch keine deutliche Wende bei der Geldpolitik

BIP-Wachstum im Eurogebiet im Jahr 2022 seit einem Monat leicht gesunken. Die Inflationsrate im Eurogebiet erreicht hingegen neue Höchstwerte.

Die Expertinnen und Experten für Konjunktur prognostizieren im Eurogebiet leicht weniger Wachstum für das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Wachstumserwartungen für Deutschland sinken deutlicher. Die Inflationsrate erreicht neue Höhepunkte und löst Unsicherheit über die weitere Entwicklung aus. Das zeigen die Konjunkturtableaus von ZEW Mannheim und Börsen-Zeitung.

Die Median-Prognosen für das BIP-Wachstum im Eurogebiet im Jahr 2022 sind seit einem Monat von 4,3 Prozent auf 4,2 Prozent ganz leicht gesunken. Für Deutschland fällt der Rückgang deutlich größer aus: Die Median-Prognose sank von 4,0 Prozent im Januar auf inzwischen 3,7 Prozent.

Höchstwerte der Inflationsrate von Energiepreisen getrieben

Starker Rückgang der Median-Prognose für Deutschland im Januar. Die deutsche Inflationsrate liegt mit 4,9 Prozent unter der fürs Eurogebiet.

Spannend wird in diesem Jahr vor allem die weitere Entwicklung der Inflation. Im Januar markiert die Inflationsrate im Eurogebiet mit 5,1 Prozent einen neuen temporären Höhepunkt und liegt damit sogar höher als die deutsche Inflationsrate, die im Januar 4,9 Prozent betrug. Eurostat identifiziert weiterhin die Verteuerung der Energiepreise als Hauptgrund für den starken Anstieg der Verbraucherpreise im Eurogebiet. Im Januar betrug die Inflationsrate für den Teilindex Energie 28,6 Prozent, ohne Berücksichtigung der Energiepreise hätte die Inflationsrate 2,6 Prozent betragen. Dieser Wert liegt zwar ebenfalls über der Zielmarke der Europäischen Zentralbank (EZB) von 2 Prozent, die Kerninflationsrate (ohne die Teilbereiche Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak) lag mit 2,3 Prozent jedoch nur noch kaum darüber.

Inflationsrate: Prognoseunsicherheit nimmt zu

Die Medianprognose für die Inflationsrate im Eurogebiet für 2022 wurde seit einem Monat von 2,4 Prozent auf 2,7 Prozent deutlich angehoben und liegt damit ungefähr auf dem aktuellen Wert der Inflationsrate, die sich ohne Berücksichtigung der Energiepreise ergibt. Der höchste Prognosewert liegt jedoch bei 4,4 Prozent, im Januar lag der Maximalwert der Prognosen noch bei 3,1 Prozent. Die Unsicherheit über die Inflationsentwicklung scheint daher spürbar zugenommen zu haben und einige der Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass die Inflationsrate im Jahresmittel nur wenig zurückgehen wird. Auswirkungen auf die Zinsprognosen hat dies bislang allerdings nicht.

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

In Kooperation mit der Börsen-Zeitung veröffentlicht das ZEW seit dem Jahr 2013 monatlich Konjunkturtableaus für Deutschland und die Eurozone mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen und Prognosen. Zahlreiche Banken und Institute veröffentlichen in unterschiedlichen Abständen Berichte über die aktuelle und voraussichtliche wirtschaftliche Lage. Aus diesen Publikationen werden die für das Tableau relevanten Informationen herausgefiltert und der Median, das Minimum und das Maximum aus den Prognosen für das jeweils laufende und dessen Folgejahr berechnet.

Die monatlich veröffentlichten Konjunkturtableaus zeigen die aktuellen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Verwendungskomponenten des BIP, Verbraucherpreise, Industrieproduktion, Arbeitslosenquote und lang- und kurzfristige Zinsen sowie Zinsdifferenzen. Der Fokus liegt auf nationalen Informationsquellen, allerdings ergänzen die Prognosen einiger internationaler Banken und Institute die Datenbasis des Tableaus. Das Tableau für den Euroraum wird zudem noch mit Daten von europäischen Banken und Instituten erweitert.

Kontakt

Michael Schröder
Wissenschaftlicher Kontakt
Dr. Michael Schröder
Zum Profil