Hohe Dispozinsen meiden - Alternativen nutzen! Studie des ZEW und iff für das Verbraucherschutzministerium

Forschung

In Deutschland verfügen etwa 80 Prozent der Haushalte über einen Dispositionskredit. Insgesamt werden die Zinssätze für Überziehungskredite von Experten der Verbraucherorganisationen als zu hoch angesehen. Eine am 19. Juli 2012 in Berlin vorgestellte Studie diskutiert die Vor- und Nachteile verschiedener rechtlicher Regelungen, die das Ziel haben, die Höhe der Dispozinsen zu begrenzen und Fehlnutzungen zu vermeiden. Die Studie vom Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (iff) und dem Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) wurde finanziert vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) durch die Bundesanstalt für Ernährung und Landwirtschaft (BLE).

Studie zu Dispozinsen/Ratenkrediten - Wichtige Ergebnisse

Die Höhe von Dispozinsen, so ein Ergebnis der Studie von ZEW und iff, hängt von verschiedenen Faktoren ab. So führt möglicherweise die häufig kostenlose Kontoführung dazu, dass die Kontoführungskosten durch höhere Dispozinsen quersubventioniert werden. Weitere Kostenbestandteile sind Refinanzierungskosten, Risikokosten, Eigenkapitalkosten, Optionskosten für Flexibilität, Bearbeitungskosten (Stückkosten) sowie die bankindividuelle Marge. Generell findet eine Differenzierung nach Kundengruppen bei Dispozinsen nicht über die Höhe der Zinsen sondern über den eingeräumten Kreditrahmen statt.

Was den Kampf gegen die Überschuldung von Haushalten betrifft, wäre eine Verringerung der Höhe der Dispozinsen nur vordergründig der richtige Ansatzpunkt. Tatsächlich ist der Wirkungsmechanismus laut Studie wohl eher so, dass bestimmte Privathaushalte eine Tendenz zur übermäßigen Ausnutzung von Dispositionslinien entwickeln und hohe Dispozinsen und der relativ großzügig gehandhabte Zugang zu Dispokrediten dem zusätzlich Vorschub leisten. Beispielsweise nutzen Arbeitslose Dispokredite häufiger als Beschäftigte, ebenso nehmen auch Alleinerziehende und Paare mit Kindern sowie Selbständige Dispokredite relativ häufig in Anspruch. Dabei handelt es sich um Personengruppen, die stärkeren Schwankungen im Haushaltsbudget ausgesetzt sind und diese schlechter kurzfristig über das Einkommen eines Partners oder längerfristig über einen Ratenkredit ausgleichen können. Interessant ist, dass eine höhere Allgemeinbildung in Finanzfragen zu einer geringeren Nutzungshäufigkeit von Dispokrediten führt.

Diese Erkenntnisse zeigen schon einen wichtigen Ansatzpunkt für praktische Veränderungen auf: So schlagen die Verfasser der Studie unter anderem vor, die Informationen über die Folgen von Kreditentscheidungen zu verbessern. Und dies kann eigentlich nur die Bank tun, indem sie über die Belastung des Haushaltsbudgets detaillierter als bisher aufklärt. Wichtig ist ebenso, dass Banken mögliche Probleme bei Kunden schneller erkennen und erneute frühzeitige Beratungsgespräche zur Verbesserung der Finanzlage der Kunden führen. Diese können dann etwa in eine Umschuldung münden, die einsetzt, deutlich bevor der Haushalt seinen Zahlungsspielraum bis zum Limit ausgenutzt hat.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, so die Studie, ist das Aufzeigen von Entscheidungsalternativen. Dies muss schon vor Abschluss eines Dispokreditvertrags erfolgen. Für längerfristige Finanzierungen ist ein Dispokredit weder gedacht noch geeignet. Hierfür sollte ein Ratenkredit abgeschlossen werden, der in der Regel günstiger für den Kreditnehmer ist. Insbesondere auch deshalb, weil Sicherheiten zur Senkung des Zinses eingesetzt werden können und weil ein Ratenkredit allmählich getilgt wird, wohingegen bei Dispokrediten keine regelmäßigen Tilgungen disziplinierend wirken.

Die Einführung von Zinsobergrenzen würde zweifellos auch zu einer Verbesserung der Finanzlage von Kreditnehmern führen. Dabei ist laut Studie allerdings zu bedenken, dass eine solche Zinsobergrenze auch dazu führen würde, dass nur noch Haushalte mit solider Finanzlage einen Dispokredit eingeräumt bekommen. Die leer ausgegangenen Haushalte könnten dann versuchen, Alternativen zu finden. Dies könnte zu einer Ausweitung des Angebots an Kreditkartenkrediten in Deutschland führen oder der Markt von Sofortkrediten würde an Bedeutung gewinnen. Dies würde jedoch auch keine generelle Verbesserung der Verschuldungssituation von Privathaushalten bedeuten.

Eine umfangreichere verpflichtende Beratungsleistung der Banken zusammen mit dem Angebot von Finanzierungsalternativen könnte die Situation finanziell angeschlagener Haushalte dagegen durchaus verbessern, so eine zentrale Erkenntnis der Studie. Insbesondere auch deshalb, weil dadurch Hürden in Bezug auf die derzeit sehr freizügige Nutzung von Dispokrediten errichtet würden.

Für Rückfragen zum Inhalt

Prof. Dr. Michael Schröder, E-Mail schroeder@zew.de