Wenn es um die Bewältigung der Krise im Euroraum geht, erschöpfen sich die Einlassungen zahlreicher Experten darin, praktisch alle kursierenden Lösungsvorschläge zu verdammen. Stattdessen wird allein auf die Notwendigkeit von Konsolidierungs- und Anpassungsprogrammen in den Problemländern verwiesen. Keine Frage: Diese sind unbedingt erforderlich. Aber falls die Finanzmärkte skeptisch bleiben - was dann?

Ohnehin wenig hilfreich ist das Lamento, es sei seinerzeit ein großer Fehler gewesen, Griechenland in die Währungsunion aufzunehmen. Nebenbei bemerkt wäre es reizvoll, dieselben Leute mit ihren damaligen befürwortenden Aussagen zu konfrontieren, als da waren: "Griechenland als Wiege der Demokratie darf nicht ausgeschlossen werden" oder "Griechenlands wirtschaftliches Gewicht spielt für den Euroraum eine eher geringe Bedeutung“. Gewiss: Die Mitgliedschaft Griechenlands in der Währungsunion war politisch gewollt, ökonomisch jedoch höchst problematisch, wie dies von verschiedenen wirtschaftspolitischen Instanzen zu Recht kritisiert wurde. Aber: Solche Argumente helfen jetzt nicht, wenn es gilt, einen Weg aus dem Schlamassel zu finden. Denn ein Ausschluss Griechenlands sehen die einschlägigen Verträge nicht vor und wen das nicht weiter kümmert, setzt sich dem Vorwurf eines gestörten Verhältnises zur Rechtsordnung aus. Ein freiwilliger Austritt, so sich die Griechen überhaupt darauf einließen, birgt die Gefahr eines Auseinanderbrechens der Währungsunion auf Grund von Dominoeffekten. Das sehen DM-Nostalgiker zwar eher entspannt, jedoch sollten ihnen die jüngsten Erfahrungen der Schweiz zu denken geben, was nämlich passiert, wenn die eigene Währung unter massiven Aufwertungsdruck gerät.

Was alles zur Lösung der Eurokrise nicht geht, ist mittlerweile hinlänglich dargelegt worden. Und rote Linien bestehen zu Recht: unbegrenzte Aufkäufe von Staatsanleihen seitens der Europäischen Zentralbank, Banklizenzen für den Rettungsschirm EFSF, zweckgebundene Kredite der nationalen Zentralbanken an den Internationalen Währungsfonds sowie Eurobonds. Stattdessen, ebenfalls zu Recht: Umsetzung zielführender Konsolidierungs- und Reformprogramme in den Problemländern.

Die Hoffnung, dass dies reicht, um die Finanzmärkte zu beruhigen, mag nicht unrealistisch sein. Aber falls nicht, was denn dann, bitteschön? Politische Unwägbarkeiten wie Regierungswechsel oder Volksabstimmungen können trotz ökonomisch plausibler Anpassungsprogramme in den Problemländern erhebliche Turbulenzen auf den ohnehin schon nervösen Finanzmärkten auslösen. Und dann?

Mit dem Schuldentilgungspakt stellt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ein Modell zur Diskussion, welches diese Frage beantwortet, indem es eine Brücke baut zu einer langfristig funktionstüchtigen Stabilitätsordnung, wie sie mit den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs vom 9. Dezember 2011 verabredet wurde, ungeachtet einiger Vorbehalte und Detailfragen.
Der Schuldentilgungsfonds, in den die Mitgliedsländer ihre Staatsschulden oberhalb von 60 v.H. des Bruttoinlandsprodukts sukzessive einlagern können und für den eine gemeinschaftliche Haftung besteht, schafft sich im Zeitablauf auf Grund der Tilgung selbst ab. Die Tilgungen werden gewährleistet, indem jedes Land nationale Schuldenbremsen einführt, die Tilgung mit Hilfe eines Aufschlags auf eine nationale Steuer vornimmt und die Währungs- und Goldreserven seiner Zentralbank zur Deckung seiner Tilgungsverpflichtung verpfänden muss. Diese Voraussetzungen zusammen mit der Tilgung und der zeitlich begrenzten "roll in" – Phase stellen markante Unterschiede zu Eurobonds dar.

Der Schuldentilgungspakt ist alles andere als ein problemloser und angenehmer Königsweg aus der Krise. Aber: Hat jemand außer roten Linien und dem Prinzip Hoffnung eine Alternative zu bieten?