Studie von ZEW und IREBS: Mietspiegel brauchen größere Marktnähe und bessere Datengrundlage

Forschung

Die Mietpreisbremse in Deutschland wird umgesetzt: Bei der Wiedervermietung von Wohnungen darf die Miete nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen. Dadurch werden Mietspiegel zum zentralen Steuerungselement des Wohnungsmarktes. Das zentrale Problem: Die Mietspiegel werden dieser hohen Bedeutung derzeit nicht gerecht. Zudem ist die gesetzliche Grundlage zur Erstellung von Mietspiegeln wenig präzise, so dass es häufig zu gerichtlichen Auseinandersetzungen kommt. In einer Studie machen das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim und die IREBS International Real Estate Business School an der Universität Regensburg deutlich, welche Anforderungen funktionstüchtige Mietspiegel aus wissenschaftlicher Sicht unbedingt erfüllen sollten.

Konkret haben die Wissenschaftler von ZEW und IREBS Umsetzungsvorschläge für eine verbesserte Berechnung des qualifizierten Mietspiegels entwickelt:

1. Trennung von Statistik und Politik

In einem Rechtsstaat werden amtliche Statistiken grundsätzlich von einer neutralen Stelle errechnet. Im Gegensatz dazu unterliegt der Mietspiegel trotz seiner hohen Bedeutung zu einem großen Teil dem Gestaltungswillen lokaler Politiker und Interessensvertreter, dessen Umsetzung zudem weitgehend intransparent ist. Im Ergebnis sind die durch Mietspiegel errechneten ortsüblichen Vergleichsmieten deutlich niedriger, als sie nach den tatsächlichen Marktbedingungen sein müssten. Um die Funktionsfähigkeit des Wohnungsmarktes aufrecht zu erhalten, muss der Mietspiegel wieder zu einem marktnahen Abbild des Wohnungsmarktes werden. Eine politische Einflussnahme auf die Berechnung von Mietspiegeln sollte nicht mehr möglich sein. Sofern eine Begrenzung der Miethöhe politisch erwünscht ist, sollte dies getrennt von der Berechnung des Mietspiegels umgesetzt werden. Die Mietpreisbremse kann hier als Vorbild dienen: bei Wiedervermietungen nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Eine entsprechende Regelung für Mieterhöhungen würde dann noch fehlen. Ob hier ein Abschlag von null, zehn oder dreißig Prozent zur ortsüblichen Vergleichsmiete umgesetzt wird, bleibt dann allein der Politik vorbehalten.

2. Vollerhebung statt Befragung

Derzeit werden die Daten für qualifizierte Mietspiegel in mühevoller Kleinarbeit bei Mietern und Vermietern erfragt. Nur wer Lust hat, zu antworten, tut dies auch. Im Ergebnis ist der Datenumfang für eine repräsentative Stichprobe oft zu gering. Zudem bestehen vielfach Bedenken, dass die Ergebung aufgrund des selektiven Antwortverhaltens systematisch verzerrt ist. Eine internetbasierte Vollerhebung aller Vermietungsdaten erscheint daher geboten. Diese wäre zudem deutlich billiger. Auf eine Erfassung von Mieterhöhungen sollte dabei zukünftig verzichtet werden, da diese keinen Bezug zum aktuellen Marktgeschehen aufweisen.

3. Zeitliche Verbreiterung der Datenbasis

Die aktuell praktizierte einfache Durchschnittsbildung ohne Berücksichtigung des unterschiedlichen Alters der Daten ist ein eindeutiger Verstoß gegen grundlegende statistische und wissenschaftliche Prinzipien und in dieser Form bei einer Ausweitung auf zehn Jahre nicht tragbar. Sofern das unterschiedliche Alter der Daten hingegen methodisch explizit berücksichtigt wird, ist eine Ausweitung des Erhebungszeitraums auf zehn Jahre oder mehr nicht zu beanstanden.

Für Rückfragen zum Inhalt

Dr. Oliver Lerbs , Telefon 0621/1235-147, E-Mail lerbs@zew.de

Prof. Dr. Steffen Sebastian, Universität Regensburg, IREBS International Real Estate Business School, Telefon 0173/890 7203, E-Mail steffen.sebastian@irebs.de

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