Spezialstudie: Außenhandelsrisiken und Folgen des Brexit für die deutsche Wirtschaft

Forschung

Deutsche und französische Experten/-innen sehen bei einem Austritt aus dem EU-Energiebinnenmarkt das größere Risiko für Großbritannien.

Der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der EU wird Deutschland im Bereich des Außenhandels weniger stark treffen als andere Volkswirtschaften wie zum Beispiel die Nachbarländer Belgien, die Schweiz oder die Niederlande. Das geht aus einer ersten Teilauswertung im neuen "Länderindex Familienunternehmen" hervor, den das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen erstellt hat. Demnach wird die pharmazeutische Industrie in Deutschland infolge hoher Abhängigkeiten im Export die mit Abstand am stärksten betroffene Branche sein. Aber auch mehrere Bereiche der Transportindustrie – unter anderem Luft- und Raumfahrt sowie Eisenbahnbau – gelten als anfällig, da sie hohen Importrisiken ausgesetzt sind.

Aus Sicht von Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW und Mitverfasser des Länderindex, zeigen die neuen Untersuchungen, dass "Deutschland unter den großen Volkswirtschaften Europas am anfälligsten für Außenhandelsschocks" ist, weil sich die deutsche Wirtschaft durch einen hohen Offenheitsgrad auszeichnet. "Die Risiken werden jedoch durch eine hohe Diversifikation von Handelspartnern und Branchen gemildert." Nach Auffassung von Heinemann werde der Austritt von Großbritannien aus der EU auf jeden Fall spürbare Folgen für das Gesamtgefüge haben: "Ein Abschied dieses Mitglieds aus der EU könnte bedeuten, dass die EU nach einem Brexit leichter protektionistischen Tendenzen nachgeben könnte." Insgesamt zeigt die Studie, dass in Europa größere Länder wie Deutschland von Außenhandelsschocks weniger stark betroffen sind als mittelgroße und kleine Volkswirtschaften.

Als Basis für die Aufstellung des Länderindex Familienunternehmen dienen relevante nationale und internationale Studien, die daraufhin geprüft werden, inwieweit der Standort für ein größeres Familienunternehmen mit verarbeitendem Gewerbe attraktiv ist. Dabei wird modellhaft von einem Familienunternehmen mit 210 Millionen Euro Jahresumsatz ausgegangen. Der Länderindex gilt als wichtiges Barometer für die wirtschaftliche Entwicklung einzelner Länder innerhalb des EU-Binnenmarktes sowie der USA. Er umfasst die Länder Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Österreich, Polen, Spanien, Schweden, Schweiz, Slowakei, Tschechien und die USA.