Kinderfreibetrag in Rentenversicherung entlastet Familien

Forschung

Untere und mittlere Einkommen würden stärker von der Reform profitieren als einkommensstärkere Haushalte.

Die Zukunftsfähigkeit des gesetzlichen Rentensystems wird durch Familien mit Kindern sichergestellt. In der Sozialversicherung gibt es jedoch keine Kinderfreibeträge, so dass Erwerbstätige mit Kindern die gleichen Rentenversicherungsbeiträge zahlen wie Erwerbstätige ohne Kinder. Eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie hat die Einführung eines Kinderfreibetrages in Höhe von 7.248 Euro pro Kind in der Rentenversicherung untersucht. Abgeschätzt wurden die Auswirkungen auf den Staatshaushalt, die Einkommensverteilung und den Arbeitsmarkt. Für Haushalte mit mindestens einem sozialversicherungspflichtig Beschäftigten und mit berücksichtigungsfähigen Kindern führt die Reform im Schnitt zu einer Entlastung von 594 Euro pro Jahr.

Die maximale Entlastungswirkung für Familien kann jedoch größer sein: Zum Beispiel könnte ein verheiratetes Paar mit zwei Kindern durch die Einführung des Freibetrags bis zu 1.355 Euro jährlich mehr zur Verfügung haben.

Allerdings würden nicht alle Haushalte von der Reform profitieren, etwa weil die Einkünfte auch nach Abzug des Freibetrags oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze liegen, die Einkommensbezieher selbstständig oder verbeamtet sind oder keine Kinder im Haushalt leben. Für Haushalte, die Arbeitslosengeld II (ALG II) beziehen, hebt der Transferentzug den Effekt des Kinderfreibetrags auf, so dass sich die verfügbaren Einkommen nicht verändern. Daher ergibt sich im Durchschnitt nur eine Entlastung von etwa 90 Euro pro Haushalt jährlich.

Insgesamt würden untere und mittlere Einkommen stärker von der Reform profitieren als einkommensstärkere Haushalte. Die Reform reduziert im Ergebnis die Einkommensungleichheit und die Armutsrisikoquote.

Außerdem würde die Reform zu Einnahmeausfällen in der Rentenversicherung führen, denen aber höhere Einnahmen bei der Einkommensteuer und Minderausgaben bei den Transferzahlungen gegenüberstehen. Unter dem Strich belaufen sich die Kosten der Reform auf 4,5 Milliarden Euro pro Jahr.

"Alles in allem handelt es sich um einen sinnvollen Reformvorschlag"

Zusätzlich wurden in der ZEW-Studie aufkommensneutrale Gegenfinanzierungen – über eine Anhebung des Beitragssatzes zur Rentenversicherung oder des Mehrwertsteuersatzes – simuliert. Für eine nach Anpassungen bei Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage aufkommensneutrale Finanzierung der Kinderfreibeträge in der Rentenversicherung müsste der Beitragssatz um 0,6 Prozentpunkte steigen. Alternativ ließe sich die Reform durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 0,46 Prozentpunkte finanzieren. Mit Blick auf die Beschäftigungswirkungen schneidet die Finanzierung über einen höheren Rentenversicherungsbeitrag etwas besser ab als ein höherer Mehrwertsteuersatz. Zudem würden Familien ohne rentenversicherungspflichtiges Einkommen durch diese Form der Gegenfinanzierung nicht schlechter gestellt werden.

"Alles in allem handelt es sich um einen sinnvollen Vorschlag", sagt Prof. Dr. Andreas Peichl, Leiter der ZEW-Forschungsgruppe "Internationale Verteilungsanalysen" und Mitautor der Studie. "Die umlagefinanzierte Rentenversicherung basiert darauf, dass zukünftige Generationen in das System einzahlen werden. Deshalb ist es gerecht, Eltern von Kindern bei den Beiträgen im Verhältnis zu Kinderlosen zu begünstigen." Die Alternative, Kinderlose mit höheren Beiträgen zu belasten oder ihnen niedrigere Rentenansprüche zu gewähren, sei politisch kaum durchsetzbar.

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