Institutionelle Investoren und Corporate Governance - eine empirische Analyse

ZEW-Dokumentation Nr. 98-05 // 1998
ZEW-Dokumentation Nr. 98-05 // 1998

Institutionelle Investoren und Corporate Governance - eine empirische Analyse

Eine der herausragenden Entwicklungen auf den internationalen Finanzmärkten in den letzten Jahren ist die Institutionalisierung, d. h. die zunehmende Delegation privater Ersparnisse an professionelle Kapitalanleger - den institutionellen Investoren. Darunter sind private Versicherungsunternehmen, Kapitalanlagegesellschaften, Pensionskassen bzw. Pensionsfonds sowie das Vermögensverwaltungsgeschäft der Kreditinstitute zu subsumieren. Die Konzentration von Aktienbesitz in den Portefeuilles einer geringen Anzahl institutioneller Investoren führte in den USA und in Großbritannien zu einem verstärkten Engagement dieser Investorengruppe im Bereich der Corporate Governance von börsennotierten Aktiengesellschaften. Gleichzeitig richten sich die globalen Finanzmärkte zunehmend auf die Bedürfnisse der institutionellen Investoren aus. Ein zentrales Anliegen ist die Steigerung der insbesondere von institutionellen Anlegern geforderten Liquidität. Eine hohe Liquidität kann sich allerdings in einem reduzierten Anreiz zu einer aktiven Unternehmenskontrolle im Rahmen der Corporate Governance niederschlagen. Diese bislang für Deutschland noch nicht näher betrachtete Abwägung zwischen Liquidität und Corporate Governance steht im Mittelpunkt dieser Studie. Es werden anhand der vorliegenden Ergebnisse einer Umfrage unter 75 institutionellen Investoren die Einstellungen und Aktivitäten dieser Anlegergruppe analysiert. Die Ergebnisse belegen ein großes Interesse an der Thematik. Allerdings kann nur für eine kleine Gruppe von befragten Investoren eine aktive Beschäftigung mit Corporate Governance konstatiert werden. Die Möglichkeiten über das Rederecht oder Einbringung eines Antrages in der Hauptversammlung der Aktiengesellschaft Einfluß auf die Geschäftspolitik zu nehmen, werden bis auf wenige Ausnahmen nicht genutzt. Der am häufigsten benutzte Weg, die Interessen der Institutionellen gegenüber den Unternehmen zu artikulieren, bleibt das persönliche Gespräch mit den Vorstandsmitgliedern. Inwieweit dadurch die Performance des Unternehmens und des dazugehörigen Aktienkurses beeinflusst werden kann, bleibt zunächst offen. Bei einigen Antworten ist erkennbar, dass die professionellen Anleger mehr Wert auf die Liquidität von Beteiligungspapieren als auf die Möglichkeit der direkten Einflussnahme im Rahmen der Corporate Governance legen. Dies führt zu der These, dass möglicherweise durch eine erhöhte Liquidität auch für deutsche Unternehmen eine aktivere Kontrollfunktion durch den Kapitalmarkt geleistet werden könnte. Weiterhin lässt sich festhalten, dass eine Entwicklung im internationalen Bereich der Corporate Governance bislang noch nicht zu ähnlichen Verhaltensmustern in Deutschland geführt hat wie dies für andere Trends im Zuge der Globalisierung gilt. Der Konvergenzdruck für den deutschen Finanzplatz scheint bei dieser Thematik durch die fundamentalen Unterschiede in kultureller, rechtshistorischer und traditioneller Hinsicht weniger stark zur Entfaltung zu kommen. Allerdings weist das Antwortverhalten auf ein zukünftig verstärktes Engagement der in- und ausländischen Institutionen bei der Corporate Governance hin.

Steiger, Max (1998), Institutionelle Investoren und Corporate Governance - eine empirische Analyse, ZEW-Dokumentation Nr. 98-05, Mannheim

Autoren/-innen Max Steiger