Zukunft der Arbeitswelt - Digitalisierung stößt massiven Strukturwandel an

Forschung

Der Einsatz von Dronen in Lagerhäusern ist angesichts der digitalen Transformation keine Utopie mehr.

Mit dem technologischen Wandel zeichnet sich eine nachhaltige Veränderung der Arbeitswelt ab. Das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, hat umfassend zu den Herausforderungen der Digitalisierung für die Zukunft der Arbeitsmärkte in Deutschland, Europa und 21 Ländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geforscht. Ein aktueller ZEW policy brief fasst die zentralen Ergebnisse verschiedener Studien zusammen.

Die digitale Transformation verändert demnach die Arbeit, ohne sie zu ersetzen, schafft mehr Arbeitsplätze, als verdrängt werden, hebt vielfach Qualifikations- und Kompetenzanforderungen, erhöht den Anpassungsdruck für Beschäftigte und macht Weiterbildung notwendig.

Veränderung der Arbeitswelt

Auf Basis eines arbeitsplatzorientierten Ansatzes haben ZEW-Wissenschaftler/innen herausgearbeitet, dass die Automatisierungspotenziale für 21 OECD-Länder deutlich geringer ausfallen, als bisherige Studien vermuten lassen. Die Ergebnisse zwischen den Ländern variieren allerdings: Während in Deutschland und Österreich rund zwölf Prozent der Jobs automatisierbar sind, beträgt der Anteil in Korea lediglich sechs Prozent. Im Durchschnitt ist rund jeder zehnte Arbeitsplatz automatisierbar. Die Automatisierungspotenziale von Arbeitsplätzen werden jedoch oft überschätzt und finden nicht zwangsläufig und oft nur langsam Einzug in die Realität von Betrieben.

Beschäftigungseffekte des technologischen Wandels

ZEW-Studien zu den Auswirkungen des technologischen Wandels auf die Arbeitsnachfrage in unterschiedlichen europäischen Regionen der 27 EU-Staaten belegen, dass Automatisierung sinkende Produktionskosten für Unternehmen bringt. Dadurch sinken wiederum Angebotspreise, was zu einer höheren Produktnachfrage führt – und damit auch zu einem Anstieg der Arbeitsnachfrage. Insgesamt zeigt sich also, dass der Gesamteffekt des technologischen Wandels auf die Arbeitsnachfrage positiv ist. Maschinen haben menschliche Arbeit zwar durchaus ersetzt und die Arbeitsnachfrage reduziert. Allerdings hat die gestiegene Produktnachfrage in einem noch größeren Umfang die Arbeitsnachfrage erhöht.

Veränderte Qualifikations- und Kompetenzanforderungen

Während Maschinen in Zukunft Tätigkeiten übernehmen, die leichter zu programmieren und zu automatisieren sind, übernehmen Menschen überwiegend kreativ-intelligente oder sozialinteraktive Tätigkeiten, die tendenziell eine höhere Qualifikation voraussetzen. Diesen Trend zur Höherqualifizierung haben ZEW-Wissenschaftler/innen sowohl aus Sicht der Betriebe, als auch aus Sicht der Beschäftigten festgestellt. Betriebe setzen vor allem im Dienstleistungsbereich zunehmend auf hochqualifizierte Spezialisten/-innen. Zugleich sehen vier Fünftel der Beschäftigten die Notwendigkeit, ihre eigenen Fähigkeiten kontinuierlich weiterzuentwickeln. Diese Einschätzung ist in allen Qualifikationsgruppen weit verbreitet, nimmt aber mit dem Grad der Qualifikation zu. Diesem Trend zur Höherqualifikation steht jedoch auch eine Entwicklung zu immer geringeren Kompetenzanforderungen  aufgrund des technologischen Wandels gegenüber, die besonders bei Geringqualifizierten zu beobachten ist.

Anpassungsdruck bei Geringqualifizierten

Der Anteil der Beschäftigten mit einem hohen Automatisierungspotenzial fällt unter Geringqualifizierten deutlich höher aus als unter Beschäftigten mit einer mittleren oder hohen Qualifikation. Damit einher geht eine zunehmende Ungleichheit: Hochqualifizierte Beschäftigte in Berufsfeldern mit einem hohen Grad an Nichtroutinetätigkeiten profitieren von einer Arbeitswelt, in der die Ansprüche mit voranschreitendem technologischen Wandel steigen. Daneben sind es vor allem geringqualifizierte Beschäftigte in Berufen mit starkem Routinecharakter, die zunehmend befürchten müssen, von Maschinen ersetzt zu werden.

Weiterbildungsbedarf in der digitalen Transformation

Der Strukturwandel hin zu einer Arbeitswelt 4.0 bedeutet für die Politik vor allem, Rahmenbedingungen zu schaffen, die einerseits das innovative und produktive Potenzial dieses Wandels entfachen und andererseits die Teilhabe der Beschäftigten an diesem Wandel sichern. Die Qualifikation der Beschäftigten spielt dabei eine zentrale Rolle. Über betriebliche Maßnahmen hinaus könnten dafür auch staatliche Programme notwendig sein, um gezielt die Gruppen zu fördern, deren Fähigkeiten ansonsten zunehmend hinter den Anforderungen der Arbeitswelt 4.0 zurückblieben. Konkret könnten berufsbegleitende Maßnahmen zu einer Beschäftigungsstabilisierung beitragen.

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Jun.-Prof. Melanie Arntz, Telefon 0621/1235-159, E-Mail arntz@zew.de