Ohne eine Insolvenzordnung für souveräne Staaten steuert Europa auf eine Transferunion zu

Kommentar

Die künftige Bundesregierung sollte keiner Reform der Eurozone zustimmen, die kein Insolvenzsystem für überschuldete Euro-Staaten beinhaltet. Anlässlich der Gründungskonferenz des neuen Forschungsnetzwerks „European Network for Economic and Fiscal Policy Research“ (EconPol Europe), an dem das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, beteiligt ist, hat Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“, heute in Brüssel einen Reformplan für die Eurozone skizziert.

„Ein umfassender Kompromiss zur Neugestaltung der Eurozone sollte einerseits Ideen aufgreifen, wie sie Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron mit seinen Vorschlägen für neue europäische Aufgaben im Bereich Verteidigung und Sicherheit formuliert hat. Andererseits ist es aber auch unabdingbar, endlich eine glaubwürdige Lösung für überschuldete Staaten zu finden. Denn viele Reformvorschläge für die Eurozone haben heute einen blinden Fleck. Zwar gibt es vielfältige Ideen für neue europäische Budgets und Kreditlinien. Es fehlt den Reformvorschlägen jedoch an konkreten Vorstellungen davon, wie in Zukunft mit Staaten umzugehen ist, die ihre Verschuldung auch in einem günstigen Umfeld nicht mehr bewältigen können.

Nach Griechenland ist nicht auszuschließen, dass künftig auch andere Euro-Staaten, die wesentlich größer sind, in eine Überschuldung geraten. Ohne eine Insolvenzordnung für solche Staaten steuert Europa auf eine Transferunion zu, die keine demokratische Akzeptanz im Norden Europas hat. Das würde zur Stärkung und möglicherweise zum Erfolg von EU-Exit-Bewegungen in weiteren EU-Ländern führen. Eine überzeugende Reform der Eurozone muss daher Solidarität mit Eigenverantwortung verbinden, sonst ist sie zum Scheitern verurteilt.“

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Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail friedrich.heinemann@zew.de