Kompromiss beim Länderfinanzausgleich – schwarzer Tag für den deutschen Föderalismus

Kommentar

Geraten Banken in Schieflage, hat das auch Konsequenzen für die Innovationsaktivitäten ihrer Firmenkunden.

Bund und Länder haben einen Grundsatzbeschluss zur Neuregelung des Finanzausgleichs ab 2020 getroffen. Er beseitigt das bisherige „horizontale“ Ausgleichsmodell, bei dem reiche Länder Transfers an arme leisten. Stattdessen wird die Finanzkraft bereits bei der anfänglichen Verteilung der Umsatzsteuer auf die Bundesländer weitgehend ausgeglichen. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), beurteilt den Kompromiss kritisch.

Der Streit von Gebern und Nehmern wird durch eine vertikale Zuweisung von Umsatzsteuer an die Länder und großzügigere vertikale Bundeszuweisungen entschärft. Prof. Dr. Friedrich Heinemann kommentiert dazu: "Keines der zentralen Probleme im gegenwärtigen System wird gelöst. Die Länder bleiben am Tropf einer für den Wähler undurchschaubaren Finanzierung aus einem kollektiven Steuertopf. Immer noch kann sich ein Land, das sich wirtschaftsfeindlich verhält und nicht genügend für Investitionen und Beschäftigung tut, in die Hängematte der Solidarität fallen lassen." Dass der Ausgleich jetzt vertikal durch den Bund und nicht mehr horizontal durch Zahlungen zwischen den Ländern  erfolgt, entschärft das Anreizproblem in keiner Weise. "Die Reform ist mutlos und schwächt den deutschen Föderalismus weiter. Sie ist für die Länder politisch bequem, weil der Bund die Rechnungen zahlt und Ministerpräsidenten keine Verantwortung für Steuern übernehmen müssen", so Heinemann.

Die Politik sollte daher nicht beim jetzt gefundenen Kompromiss stehen bleiben. Heinemann verweist auf ein vom ZEW erarbeitetes Reformmodell. Im vom ZEW für den "Konvent für Deutschland" erarbeiteten Reformmodell eines "Verantwortungsföderalismus" erhalten die Länder die Möglichkeit, im Rahmen eines Korridors Zu- und Abschläge auf die Einkommensteuer zu erheben. Dies wäre ein wirklicher Durchbruch für mehr finanzpolitische Vernunft: "Mit mehr Steuerautonomie der Länder würden Wähler in einem Landtagswahlkampf nicht mehr nur höhere Ausgaben fordern, sondern auch nach der Gegenfinanzierung fragen".

Dass die Länder mit dem jetzt erzielten Kompromiss und der größeren Bundesbeteiligung ihre Verhandlungsziele weitgehend erreicht haben, ist für Heinemann kein Sieg, sondern ein schwarzer Tag für den deutschen Föderalismus. "Wenn ab 2020 die Schuldenbremse jegliche Neuverschuldung verbietet, dann geraten die Länder endgültig in die völlige Abhängigkeit von Steuereinnahmen, über die sie selber keine Kontrolle haben. In finanzpolitischer Hinsicht sind die Länder dabei, den Föderalismus abzuschaffen".

 

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