Ein beachtlicher Teil der Fördermittel im Rahmen der EU-Regionalpolitik hat keine langfristigen Wachstumseffekte

Forschung

Die Verhandlungen über den neuen EU-Finanzrahmen 2014 bis 2020 sind in vollem Gang. Aufgrund der angespannten Haushaltslage vieler EU-Mitgliedstaaten muss dabei jeder einzelne Haushaltsposten auf den Prüfstand. Bei der Regionalpolitik, dem im derzeitigen EU-Finanzrahmen mit ungefähr 36 Prozent zweitgrößten Ausgabenposten, zeigt sich signifikantes Sparpotenzial. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, im Auftrag des Bundesministeriums der Finanzen.

Ein zentrales Ziel der Regionalpolitik der EU besteht darin, Wachstum zu fördern. Dabei wird bisher oft stillschweigend vorausgesetzt, dass die aus den Struktur- und Kohäsionsfonds geförderten Projekte und Maßnahmen langfristige Wachstumswirkungen haben. Das ZEW hat diese Annahme in einer Analyse hinterfragt und dazu eine Vielzahl von Projekten in neun verschiedenen Regionen aus acht EU-Mitgliedstaaten im Zeitraum von 2007 bis 2013 anhand verschiedener Indikatoren untersucht. Dabei zeigt sich, dass der Anteil der Ausgaben ohne langfristige Wachstumseffekte im Rahmen der EU-Regionalpolitik in einzelnen Regionen bei einer optimistischen Betrachtung der Projekte bei bis zu 22 Prozent und bei einer pessimistischen Betrachtung bei bis zu 63 Prozent liegt. Diese Ergebnisse implizieren ein signifikantes Sparpotenzial bei der EU-Regionalpolitik, auch in den beiden betrachteten deutschen Regionen.

Die ZEW-Betrachtung zeigt, dass es mit Blick auf die Wachstumseffekte der EU-Kohäsionspolitik sehr große Unterschiede zwischen den analysierten Regionen gibt. Bei einer optimistischen Sichtweise lassen in drei Regionen fast die gesamten eingesetzten Fördermittel positive Wachstumseffekte erwarten. Der Anteil der Ausgaben ohne Wachstumseffekte liegt dann allerdings in drei Regionen zwischen zwei und acht Prozent und in zwei weiteren bei um die 15 Prozent. In einer Region liegen die Ausgaben ohne Wachstumseffekte sogar bei fast 22 Prozent. Bei einer pessimistischen Sichtweise auf die in den neun Regionen geförderten Projekte haben im besten Fall 16 Prozent der Ausgaben innerhalb einer Region keine Wachstumseffekte, während in sieben Regionen der Anteil der Ausgaben ohne Wachstumseffekte zwischen 20 und 54 Prozent beträgt und in einem Fall sogar bei etwas über 63 Prozent liegt (Tabellen hierzu auf Seite 21 und 22 der ZEW-Kurzexpertise; Downloadmöglichkeit am Ende des Pressetextes).

In seiner Analyse hat das ZEW rund 3.600 Einzelprojekte schwerpunktmäßig in neun verschiedenen Regionen von acht EU-Mitgliedstaaten näher betrachtet: Bayern und Bremen in Deutschland, Basse-Normandie in Frankreich, Yorkshire and The Humber in Großbritannien, Molise in Italien, Algarve in Portugal, Ceuta in Spanien, und jeweils alle Projekte in Malta sowie der Slowakei. Die Projekte wurden anhand von Indikatoren klassifiziert. Die verwendeten Indikatoren beinhalten das Themenfeld des Projekts, den Typ des Zahlungsempfängers, wobei öffentliche, gemeinnützige und private Empfänger unterschieden wurden, und den Projekttyp, wobei als Ziel die Bereitstellung von öffentlichen und privaten Gütern unterschieden wurde. Jeder möglichen Indikatorenkombination wurden dann auf Basis von anerkannten empirischen Befunden der wissenschaftlichen Literatur "keine", "mittlere" und "hohe" Wachstumseffekte zugewiesen. Die Wachstumseffekte für jedes Projekt ergeben sich auf Basis der Kombination dieser Indikatoren. Die Wahl der Regionen, aus denen Projekte ausgewählt wurden, wurde so getroffen, dass sowohl relativ arme und relativ reiche Regionen, alte sowie neue Mitgliedsstaaten und "Krisenländer" sowie wirtschaftlich starke Mitgliedsländer repräsentiert sind.

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Florian Misch, PhD, Telefon 0621/1235-394, E-Mail misch@zew.de