Die EZB gerät 2018 zunehmend in Erklärungsnot

Kommentar

Die EZB hat in ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause keine Änderungen an ihrer Zinspolitik vorgenommen.

Wie erwartet, hat die Europäische Zentralbank (EZB) keine Änderungen an ihrer Null- und Negativzinspolitik vorgenommen. Wie im Oktober 2017 beschlossen, wird zudem das Anleihekaufprogramm im neuen Jahr mit halbierten Kaufvolumina von dann 30 Milliarden Euro pro Monat fortgeführt. Demgegenüber hat die US-Notenbank Fed gestern die dritte Zinserhöhung des Jahres beschlossen. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, nimmt dazu Stellung.

„Ende 2018 dürfte bei den US-Leitzinsen wieder eine Zwei vor dem Komma stehen. Im Gegensatz dazu will die EZB die Leitzinsen auf lange Zeit bei null belassen und weiter in großem Stil Staatsanleihen in die Bücher nehmen. Damit driften Dollar- und Euroraum bei vergleichbarer Wachstumsdynamik zinspolitisch immer weiter auseinander. Diese Entwicklung, das Ende von Deflationsrisiken und die überraschend breite Konjunkturerholung der Eurozone bringen die EZB immer stärker in Erklärungsnot.

Die extrem expansive Kombination von Nullzinsen und Anleihekäufen ist eine Notfallmaßnahme, für welche die Rechtfertigung abhandengekommen ist. Offenbar setzt der EZB-Rat auf die Bekämpfung von fehlender Wettbewerbsfähigkeit in Teilen der Euro-Zone durch eine Schwächung des Euro-Außenwerts. Dies ist aber keine nachhaltige Lösung für zu geringe Produktivitätsfortschritte in Südeuropa. Außerdem wird die Euro-Schwächung im Verhältnis zum US-Dollar das Problem des deutschen Leistungsbilanzüberschusses weiter verschärfen. Das neue Jahr wird der EZB in Sachen Kommunikation somit sehr viel Kreativität abverlangen, wenn sie sich nicht dazu durchringt, ihren Kurs allmählich zu korrigieren.“

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Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail friedrich.heinemann@zew.de