Innovationspotenziale und -hemmnisse unterschiedlicher Gruppen kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)

Innovationspotenziale und -hemmnisse unterschiedlicher Gruppen kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU)

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind eine zentrale Stütze des Innovationsgeschehens in Deutschland. Rund 95 % aller innovierenden Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe haben weniger als 500 Beschäftigte, in den unternehmensnahen Dienstleistungen liegt diese Quote sogar bei 98 %. In den vergangenen Jahren hat die Innovationskraft der KMU allerdings nachgelassen. Die Innovatorenquote (Anteil der erfolgreich innovierenden an allen KMU) ist von 65 % Ende der 90er Jahre auf 57 % im Jahr 2002 zurückgegangen. Insbesondere Kleinunternehmen mit unter 100 Beschäftigten haben sich von Innovationsaktivitäten verabschiedet. Deren Innovatorenquote sank von über 60 % im Jahr 1999 auf rund 50 % in 2002. Angesichts dieser Entwicklung erscheint es als eine dringende Aufgabe der Innovationspolitik in Deutschland, die Gründe für die nachlassende Innovationsbeteiligung unter den KMU zu identifizieren und adäquate Maßnahmen zur Stärkung der Innovationsneigung von KMU zu setzen. Hierzu ist es notwendig, die Heterogenität dieser Unternehmensgruppe und die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Interventionsansätze entsprechend zu berücksichtigen.

Die Studie verfolgt vier Ziele:

  • Klassifikation von KMU in Deutschland nach ihrer FuE- und Innovationsorientierung und Ermittlung der quantitativen Bedeutung dieser Gruppen für Deutschland.
  • Beschreibung des typischen Markt- und Technologieumfelds sowie der verfolgten Innovationsstrategien und der daraus folgenden Innovationspotenziale und -hemmnisse. Hierbei werden u. a. die Organisation von Innovationsprozessen, die Gründe für das Unterlassen von FuE- und Innovationsaktivitäten, die Faktoren, die eine Ausweitung von Innovationsaktivitäten stimulieren, Fragen der Finanzierung von Innovationen, der Fachkräftebedarf und Qualifikationsanforderungen an die Beschäftigten, Kooperationen mit anderen Unternehmen (KMU, Großunternehmen) und der Wissenschaft in FuE- und Innovationsprojekten sowie die Bedeutung intellektueller Eigentumsrechte untersucht.
  • Die identifizierten Gruppen von KMU werden des Weiteren in ihrer derzeitigen Bedeutung als Adressaten der Forschungs- und Innovationspolitik untersucht. Dabei geht es um die spezifischen FuE- und Innovationsbarrieren in den einzelnen Gruppen von KMU, das Ausmaß, zu dem die einzelnen Gruppen mit der bestehenden Innovationsförderung erreicht werden und die FuE- und Innovationsbarrieren, die durch die bestehenden KMU-spezifischen Instrumente nicht adäquat adressiert werden.
  • Ableitung von innovationspolitischen Empfehlungen für eine KMU-Politik, die zielgruppengerecht auf den spezifischen Unterstützungsbedarf von KMU zur Stärkung von FuE- und Innovationsaktivitäten eingeht.

Für die empirische Analyse werden mehrere Datenbasen genutzt:

  • Das Mannheimer Innovationspanel (MIP) des ZEW erlaubt die Analyse des Innovationsverhaltens von KMU für den Zeitraum 1992 bis 2003 (verarbeitendes Gewerbe) bzw. 1996 bis 2003 (wissensintensive Dienstleistungen).
  • Die KfW-Unternehmensdaten umfassen die Antragsdatenbank der in Innovations- als auch Breitenprogrammen geförderten Unternehmen, das KfW-Mittelstandspanel sowie das tbg-Panel zu technologieorientierten KMU und ermöglichen insbesondere die Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Finanzierungsformen und Innovationsaktivitäten.
  • Die FuE-Daten des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft erlauben die Analyse der Entwicklung des FuE-Verhaltens von kontinuierlich forschenden KMU.
  • Die PROFI-Datenbank des BMBF enthält Informationen zur Forschungsförderung an KMU im Rahmen der Fachprogramme. Eine Verknüpfung dieser Daten mit den MIP-Daten erlaubt Rückschlüsse auf die Bedeutung der Fachprogrammförderung für die verschiedenen KMU-Gruppen.

Die Untersuchung zeigt, dass zumindest fünf KMU-Gruppen unterschieden werden sollten, die durch unterschiedliche Innovationsbarrieren, -potenziale und innovationspolitische Unterstützungsmöglichkeiten gekennzeichnet sind:

  • Hightech-Startups sind junge Unternehmen (je nach Branche maximal 5 bis 10 Jahre alt) mit einer sehr hohen FuE-Quote (mindestens 10 % des Umsatzes, im Mittel über 40 %). Im Jahr 2003 gab es in Deutschland rund 5.000 Hightech-Startups. Die größten Herausforderungen im Innovationsbereich sind die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung sowie die Erschließung von Absatzmärkten für ihre oft durch radikale Innovationen gekennzeichneten Produkte.
  • FuE-Dienstleister sind ältere Unternehmen (zumindest 5 Jahre, in der Regel über 10 Jahre alt) mit einer sehr hohen FuE-Quote von 25 % und mehr (im Mittel sogar über 50%). Zu ihnen zählten im Jahr 2003 etwa 2.000 Unternehmen in Deutschland. Sie sind auf die Erbringung von FuE für andere Unternehmen in bestimmten Themengebieten oder auf bestimmte Stufen im FuE-Prozess (Komponentenentwicklung, Konstruktion, Testen) spezialisiert und verfügen über eine hohe Markterfahrung. Gleichzeitig sind sie wenig wachstumsorientiert und trotz hohen Durchschnittsalters (15 Jahre) meist recht klein (im Mittel 40 Beschäftigte). Sie sind auf die Nachfrage nach FuE-Dienstleistungen aus der Industrie angewiesen und hängen daher von den FuE-Zyklen in ihren Abnehmerbranchen ab.
  • Regelmäßig forschende KMU stellen mit rund 29.000 Unternehmen (2003) den Kern der technologieorientierten KMU in Deutschland dar. Ihre FuE-Aufwendungen von über 3 Mrd. pro Jahr repräsentieren deutlich über 50 % der gesamten FuE-Aufwendungen im deutschen KMU-Sektor. Sie sind die Hauptzielgruppe der meisten der auf KMU abzielenden innovationspolitischen Programme von Bund, Ländern und EU.
  • Erfolgreich innovierende KMU ohne regelmäßige FuE-Tätigkeit stellten im Jahr 2003 mit rund 50.000 Unternehmen über die Hälfte aller KMU mit Innovationsaktivitäten. Sie sind typischerweise imitierend innovativ tätig, indem sie Produktideen anderer Unternehmen aufgreifen und - oft kundenspezifisch angepasst - im Markt verbreiten. Auch Prozessinnovationen, d.h. die Einführung von neuen Technologien, um effizienter oder qualitativ hochwertiger Produkte herstellen und Dienstleistungen anbieten zu können, sind häufig anzutreffen. Innovierende KMU ohne FuE leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Diffusion von Innovationen in der Wirtschaft. Ihre Zahl schwankt zwischen den einzelnen Jahren stark, und die Persistenz der Gruppenzugehörigkeit ist gering.
  • KMU ohne erfolgreiche Innovationen sind aktuell mit rund 55.000 Unternehmen die zahlenmäßig größte KMU-Gruppe. Sie sind im Schnitt kleiner (ca. 60 Beschäftigte) und weisen eine niedrigere Profitabilität auf als regelmäßig forschende KMU und erfolgreich innovierende KMU auf. Der größte Teil dieser KMU (85 %) beschäftigte sich innerhalb eines Dreijahreszeitraums weder mit Produkt- noch mit Prozessinnovationen. Die Gründe sind einerseits, dass Marktgegebenheiten keine Innovationsaktivitäten erfordern (über 60 %), andererseits melden 45 %, dass wegen früherer Innovationen aktuell kein Bedarf für Neuerungen bestünde. 10 % führen an, dass wegen Hemmnissen der Start von Projekten verhindert wurde und es deshalb zu keinen Innovationsaktivitäten kam.

Die Ergebnisse der Studie werden als Band der ZEW-Wirtschaftsanalysen veröffentlicht.

Projektteam

Christian Rammer

Christian Rammer

Projektleitung
Stellvertretende Leitung

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Elisabeth Müller

Elisabeth Müller

Research Associate

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Auftraggeber/Zuwendungsgeber
Kooperationspartner
KfW Bankengruppe, Frankfurt am Main, DE

Ausgewählte Publikationen

Innovationspotenziale von kleinen und mittleren Unternehmen

Rammer, Christian, Volker Zimmermann, Elisabeth Müller, Diana Heger, Birgit Aschhoff und Frank Reize (2006), Innovationspotenziale von kleinen und mittleren Unternehmen, Bd. 79, Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden

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