Innovationsverhalten von KMU - Steuerpolitik ist Innovationspolitik

Nachgefragt

Das neue Format "Nachgefragt" in den ZEWnews beschäftigt sich künftig Monat für Monat mit aktuellen Themen und Fragestellungen. Zum Auftakt der Reihe äußert sich Dr. Georg Licht, Leiter des Forschungsbereichs "Industrieökonomik und Internationale Unternehmensführung" am ZEW zum Innovationsverhalten von KMU. Innovationen sind von großer Bedeutung für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und des deutschen Wohlstandsniveaus. Wie aus den Innovationserhebungen des ZEW hervorgeht, erhöhten die Unternehmen in Deutschland in den vergangenen beiden Jahren ihre Innovationsaufwendungen um jeweils mehr als sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im Jahr 2007 haben sie mehr als 120 Milliarden Euro in neue und verbesserte Produkte und Prozesse investiert. Die starke Ausweitung der Innovationstätigkeit der Unternehmen wurde in den vergangenen zehn Jahren allerdings primär durch die großen Unternehmen getragen. Die Ursachen für die Zurückhaltung der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) bei Innovationen benennt Dr. Georg Licht in der aktuellen Ausgabe der ZEWnews.

Dr. Georg Licht, Jahrgang 1956, promovierte nach dem Studium der Volkswirtschaftlehre 1990 an der Universität Augsburg. Seit 1992 leitet er am ZEW den Forschungsbereich "Industrieökonomik und Internationale Unternehmensführung" mit derzeit 32 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Seine Forschungsschwerpunkte sind die Innovations- und Gründungsforschung sowie Regulierungs- und Wettbewerbsfragen. Licht ist Mitglied in zahlreichen Beratungsgremien, unter anderem der OECD, der EU-Kommission und des Statistischen Bundesamts.

Warum bleibt die Innovationstätigkeit von KMU hinter der von Großunternehmen zurück?

Zum einen mindern die gestiegenen Kosten der Innovationstätigkeit, die erhöhte technologische Komplexität der Innovationsprozesse und die kürzeren Produktzyklen die Rendite der in neue Produkte und Prozesse investierten Mittel. Zum anderen fehlen in Deutschland zunehmend junge Hightech- Unternehmen, die durch ihre Innovationen den Konkurrenzdruck auf etablierte KMU verstärken und so deren Innovationsaktivitäten beflügeln.

Was passiert bisher in Deutschland, um die KMU stärker in den Innovationsprozess einzubeziehen?

Im Rahmen der Hightech-Strategie der Bundesregierung wurden jüngst die staatlichen Mittel für die Förderung von Forschung und Entwicklung (FuE) in kleinen Unternehmen etwas erhöht und die entsprechenden Verwaltungsverfahren für den Zugang zu Programmen der FuE-Förderung etwas vereinfacht. Allerdings ist festzustellen, dass sich – gemessen an den FuE-Ausgaben der Unternehmen – die staatlichen Zuschüsse zur Förderung der FuE-Tätigkeit der Unternehmen auf einem historischen Tiefstand befinden. Im internationalen Vergleich findet sich kaum ein Land, das die FuE-Ausgaben der KMU weniger fördert als Deutschland.

Welche zusätzlichen Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die Innovationsbeteiligung der KMU in Deutschland zu erhöhen?

Die Rahmenbedingungen für die Anfangsphase und das Wachstum junger Unternehmen, die mit technologischen Innovationen an den Start gehen, sollten verbessert werden. Zudem sollte die öffentliche Hand Anreize für den Ausbau der FuE-Tätigkeit etablierter Unternehmen setzen. Wie Erfahrungen aus dem Ausland zeigen, ist die steuerliche Förderung der FuE-Tätigkeit der Unternehmen ein Instrument, mit dem Unternehmen sehr schnell und in einer großen Breite erreicht werden.

Warum wird in der deutschen Innovationspolitik der Weg einer steuerlichen Förderung bisher nicht verfolgt?

Abhängig von der Ausgestaltung kämen hierdurch auf den Bundeshaushalt deutliche Steuerausfälle zu, die nur zu einem geringen Teil durch Umschichtungen in den Forschungshaushalten verschiedener Bundesministerien kompensiert werden könnten. Gleichzeitig gibt es Befürchtungen, dass der Wirkungsgrad einer steuerlichen Förderung gering ist und signifikante Mitnahmeeffekte auftreten könnten.

Wie könnte eine steuerliche FuE-Förderung in Deutschland aussehen?

Zur Stimulierung der FuE-Tätigkeit der KMU empfiehlt sich eine Förderung, die auf die gesamten FuE-Ausgaben abstellt und nicht nur auf die Zuwächse. Obergrenzen für die steuerlichen Erleichterungen pro Jahr und Unternehmen könnten die fiskalische Belastung für den Staat begrenzen helfen, ohne die Breitenwirkung zu gefährden. Die Gewährung von Vortragsrechten würde gewährleisten, dass die Anreize auch in Verlustperioden zum Tragen kämen. Für KMU könnte hier wahlweise auch die Umwandlung von nicht nutzbaren Steuervorteilen in eine Zulage in Frage kommen. Zur Definition förderfähiger FuE-Ausgaben sollte das von der OECD entwickelte Frascati-Konzept gewählt werden. Insgesamt sollte die staatliche Förderung anstreben, die Kosten für FuE von KMUs um etwa zehn Prozent zu senken. Dies wäre noch unterhalb der in England, Frankreich oder Österreich gewährten Fördersätze, würde aber die Haushaltsbelastungen in überschaubaren Grenzen halten.