Kürzlich titelte der britische Economist: "A giant problem". Vorangegangen war eine Untersuchung des "Council of Economic Advisors" in den USA vom April 2016. Was war passiert? Die Marktkonzentration der mächtigsten Unternehmen in den USA hat bedenklich zugenommen. Lag der Anteil der 100 größten Unternehmen an der Wertschöpfung im Jahr 1994 noch bei 33 Prozent, stieg er bis 2013 auf 46 Prozent. Der Präsident der USA ordnete daraufhin an, ihm künftig halbjährlich zu berichten, welche Schritte zur Förderung des Wettbewerbs nötig seien. In Deutschland sieht es anders aus.

Seit 1978 berichtet die Monopolkommission alle zwei Jahre über Stand und Entwicklung der Unternehmenskonzentration in Deutschland. Seit 1978 ging hierzulande der Anteil der 

100 größten Unternehmen an der Wertschöpfung aller Unternehmen von knapp 20 Prozent auf 16 Prozent zurück. Die Wirtschaft in Deutschland war schon immer mehr auf den Mittelstand ausgerichtet, und dies hat sich eher noch verstärkt. Auch die Verflechtung zwischen diesen 100 größten Unternehmen, sei es über Beteiligungen der Unternehmen untereinander oder über Mehrfachmandatsträger, wenn etwa Personen in mehreren Unternehmen gleichzeitig Positionen in Aufsichtsräten besetzen, hat abgenommen. So verringerte sich die Zahl der Unternehmensverbindungen über die Entsendungen von Geschäftsführern in externe Kontrollgremien von 186 im Jahr 1996 bis heute auf 45 Fälle. Die Deutschland AG hat sich aufgelöst. 

 

Ist somit im Hinblick auf die Wettbewerbssituation in Deutschland alles in Ordnung? Danach sieht es leider nicht aus. Zum einen sind die mächtigen amerikanischen Unternehmen auch in Deutschland und Europa aktiv. Die Wettbewerbsbehörden sind wachsam, und die Verfahren in Brüssel gegen Google oder in Deutschland gegen Facebook zeugen davon. Der enorme Anstieg der Unternehmenskonzentration in den USA ist ein internationales Problem.
 

Institutionelle Investoren zeigen kaum Interesse an Wettbewerb

 

Zum zweiten gewinnt ein anderes Phänomen an Bedeutung, das das Potenzial hat, den Wettbewerb einzuschränken, und zu dem die Monopolkommission in ihrem aktuellen Gutachten Stellung bezieht: Die Beteiligungen institutioneller Investoren, wie Versicherungen, Investitions- und Pensionsfonds sowie Private Equity Firmen, an mehreren Unternehmen eines Wirtschaftsbereichs. Diese institutionellen Investoren halten in der Regel Minderheitsbeteiligungen an den Unternehmen. So ist etwa BlackRock mit sieben Prozent an Bayer und mit mehr als acht Prozent an Merck beteiligt. Das potenzielle wettbewerbliche Problem rührt daher, dass es in einer solchen Konstellation nicht notwendigerweise im Interesse von BlackRock ist, wenn Bayer Merck Kunden abwirbt. Was auf der einen Seite gewonnen wird, geht auf der anderen Seite verloren.

 

Institutionelle Anleger haben oftmals die Gewinne einer ganzen Branche im Auge, nicht nur die einzelner Unternehmen. Daher könnten institutionelle Investoren ein reduziertes Interesse an intensivem Wettbewerb in einer Branche haben. Evidenz für wettbewerbliche Beschränkungen in einzelnen Märkten liegt vor. Eine US-Studie zeigt, dass nachdem BlackRock den Vermögensverwalter Barclays Global Investors gekauft hat, die Preise auf einigen Fluglinien stiegen. Durch den Kauf war BlackRock an weiteren Fluggesellschaften beteiligt, die diese Fluglinien im Wettbewerb bedienten.

 

Die Relevanz des Problems für Deutschland ist bislang unklar. Das Potenzial ist aber vorhanden: Belief sich das von institutionellen Investoren weltweit verwaltete Vermögen im Jahre 1980 noch knapp auf drei Billionen US-Dollar, so waren es 2007 bereits 48 Billionen US-Dollar, und 2014 mehr als 85 Billionen US-Dollar. Mittlerweile halten institutionelle Investoren mehr als 60 Prozent der Aktien der DAX-Unternehmen. Deshalb gilt es, auch die Konzentrationen in den Beteiligungen im Auge zu behalten. Die Wettbewerbsbehörden sollten, wenn es etwa um die Fusion zwischen Bayer und Monsanto geht, berücksichtigen, dass Investoren wie BlackRock, Vanguard und die Deutsche Bank an diesen beiden Unternehmen bereits signifikant beteiligt sind, und zudem auch an anderen Wettbewerbern. Nicht nur die großen Unternehmen, sondern auch die großen Investoren im Hintergrund beeinflussen Marktkonzentration und Wettbewerb.

 

Dieser Beitrag ist am 20. Oktober 2016 auf der Internetseite des Wirtschaftsmagazins "Capital" erschienen.